Urzeitliche Seen im Gale-Krater
von Stefan Deiters astronews.com
12. Oktober 2015
Daten des Marsrovers Curiosity haben gezeigt, dass
es auf dem Mars vor mehr als drei Milliarden Jahren über einen längeren Zeitraum
Seen und Flüsse gegeben haben muss. Dieses Wasser sorgte für
Sedimentablagerungen auf dem Boden des Kraters. Die Sedimente bildeten zudem die
Basis des unteren Bereichs des Zentralbergs.
Ein Blick des Marsrovers Curiosity über den
Gale-Krater. Die erkennbaren Strukturen sprechen
für eine feuchte Vergangenheit dieser Region.
Bild: NASA / JPL-Caltech / MSSS [Großansicht] |
"Beobachtungen des Rovers deuten darauf hin, dass es vor rund 3,8 bis 3,3
Milliarden Jahren eine Reihe von langlebigen Flüssen und Seen gegeben haben
muss, die für die Sedimente verantwortlich sind, aus denen die unteren Schichten
des Mount Sharp bestehen", so Ashwin Vasavada, Projektwissenschaftler für
Curiosity am Jet Propulsion Laboratory der NASA. Die amerikanische
Raumfahrtbehörde nennt den Zentralberg des Gale-Kraters "Mount Sharp", die
offizielle Bezeichnung ist Aeolis Mons.
Die neuen Erkenntnisse stützen damit frühere Hinweise auf über einen längeren
Zeitraum existierendes Wasser auf der Oberfläche des Roten Planeten. Erst Ende
des vergangenen Monats hatte die NASA neue Indizien dafür vorgestellt, dass
es sogar heute noch unter bestimmten Umständen fließendes Wasser auf dem Mars
gibt (astronews.com berichtete).
"Unser Wissen über Wasser auf dem Mars wird immer wieder einer
Prüfung unterzogen", meint Michael Meyer, der verantwortliche Wissenschaftler
für das Marsprogramm am NASA-Hauptquartier in Washington. "Es ist klar, dass der
Mars vor mehreren Milliarden Jahren unserer Erde deutlich ähnlicher war als
heute. Die Herausforderung besteht nun darin, zu verstehen, wie dieser mildere
Mars überhaupt möglich war und was dann mit dem feuchteren Mars passiert
ist."
Dass sich auf dem Boden des Gale-Kraters Sedimentablagerungen befinden,
vermutete man schon bevor Curiosity im August 2012 dort gelandet ist. Unklar war
allerdings, ob urzeitliche Seen oder vielleicht doch nur Wind dafür
verantwortlich war. Curiosity hat diese Frage nun für die unteren Bereiche des
Zentralbergs beantworten können: Hier waren urzeitliche Flüsse und Seen für die
beobachteten Ablagerungen verantwortlich.
"Bei der Fahrt durch den Krater haben wir geologische Strukturen gesehen, die
auf sich schnell bewegende Ströme hindeuten und auch Bereiche, in denen diese
Ströme in größere Wasserflächen gemündet sind", erläutert Vasavada. Die
unteren Hangbereiche des Zentralbergs seien durch Ablagerungen von Seen
entstanden, die es hier, vielleicht mit variierender Ausdehnung, über mehrere Hundert Millionen
Jahre gegeben haben muss.
Die Sedimentschicht im Krater dürfte rund 75 Meter dick sein.
Sedimentablagerungen sind auch am
Zentralberg bis in eine Höhe von mindestens 150 bis 200 Meter über den
Kraterboden nachzuweisen. Eventuell hat das Wasser sogar bis in eine Höhe von
800 Metern über dem Kraterboden gestanden. In noch größeren Höhen würde es, so die Forscher,
dann keine Strukturen am Zentralberg mehr geben, die auf Wasser hindeuten. Ab
dort könnten die Ablagerungen dann hauptsächlich durch von Wind transportiertes
Material entstanden sein.
Die Frage, mit der sich die Wissenschaftler nun befassen müssen, ist: Woher
stammt das Wasser, das die Sedimente in den Krater schwemmte. Und wie konnte es
eigentlich über so lange Zeiträume auf der Oberfläche existierten? Denn dafür
ist eine deutlich dickere Atmosphäre sowie ein wärmeres Klima nötig, als es
Theorien für die entsprechende Epoche im Gale-Krater vorhersagen.
"Wir haben immer gedacht, der Mars ist recht einfach", so John Grotzinger,
der frühere Projektmanager für Curiosity. "Wir haben auch einmal
gedacht, die Erde sei einfach. Aber je näher man sich damit beschäftigt, desto
mehr Fragen kommen auf, weil man die Komplexität der Beobachtungen auf dem Mars
erkennt. Es ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, um einmal einen Schritt
zurückzutreten und unsere Annahmen zu überprüfen. Denn irgendwo fehlt noch
etwas."
Über die neuen Resultate berichteten die Wissenschaftler in einem Fachartikel,
der am Freitag in der Zeitschrift Science erschienen ist.
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