Unzählige Rote-Nugget-Galaxien entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
18. Juni 2014
Durch eine gründliche Durchsicht der Daten des Sloan
Digital Sky Survey haben Astronomen eine große Anzahl von punktförmigen
roten Galaxien entdeckt, die man leicht für Sterne halten kann. Diese
sogenannten Rote-Nugget-Galaxien waren bislang nur aus dem jungen Universum
bekannt und man hatte sich daher gefragt, was später aus ihnen geworden ist.

Beispiel für eine Rote-Nugget-Galaxie in rund
vier Milliarden Lichtjahren Entfernung. Die
scheinbar benachbarte Spiralgalaxie ist uns
deutlich näher.
Bild: Ivana Damjanov & CFHT MegaCam Team |
"Diese Rote-Nugget-Galaxien waren immer da und haben sich praktisch als
Sterne getarnt", berichtet Ivana Damjanov vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics (CfA), die die unlängst vorgestellte Studie leitete. In diesen
kompakten Galaxien finden sich unzählige alte rötliche Sterne. Man kannte sie
bislang nur aus dem jungen Universum, wo diese "Roten Nuggets" sehr häufig
anzutreffen waren.
Die Galaxien haben etwa die zehnfache Masse unserer Milchstraße, sind jedoch
rund 100-mal kleiner als diese. Während man jedoch diese eigentümlichen Systeme
in großer Entfernung in großer Zahl entdeckte, blieben Suchen in geringerer
Entfernung - und damit im jüngeren Universum - bislang erfolglos. Was war also
mit ihnen geschehen? Gab es sie wirklich nicht mehr oder waren sie bislang
einfach übersehen worden?
Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, haben Damjanov und ihre Kollegen
die umfassendste Himmelsdurchmusterung gründlich ausgewertet, die dazu zur
Verfügung steht: den Sloan Digital Sky Survey. Und sie wurden darin fündig. Allerdings
erschienen die Rote-Nugget-Galaxien auf den Bildern wie Sterne im Vordergrund.
Erst ein Blick auf die Spektren dieser vermeintlichen Sterne zeigte
dann, dass es sich dabei tatsächlich um Galaxien handelt. Insgesamt endeckten
die Astronomen mehrere Hundert Rote-Nugget-Galaxien-Kandidaten in den Sloan-Daten.
Sie durchforsteten dann weitere Datenarchive, insbesondere die des
Canada-France-Hawaii-Teleskops und des Weltraumteleskops Hubble,
um ihre Funde zu verifizieren. Und tatsächlich: Rund 200 der Kandidaten erwiesen
sich als Galaxien, die den Roten-Nugget-Galaxien im entfernten, jungen Universum
sehr ähnlich waren.
"Wir wissen jetzt, dass viele dieser beeindruckend kleinen, kompakten und
sehr massereichen Galaxien überleben", erklärt Teammitglied Margaret Geller vom
CfA die Bedeutung der Entdeckung. "Das ist ein faszinierender Test für unser
Verständnis darüber, wie Galaxien entstehen und sich entwickeln."
Die große Anzahl von Galaxien, die das Team in den Sloan-Daten
entdeckt hat, verrät etwas über die Häufigkeit solcher Systeme im "mittelalten"
Universum. Diese kann nun mit den Ergebnissen von Computermodellen verglichen
werden, mit deren Hilfe man die Entwicklung von Galaxien im Laufe der Geschichte
des Universums simuliert. Die Modelle machen, abhängig von den Grundannahmen,
sehr unterschiedliche Aussagen über die Anzahl von verschiedenen Galaxientypen
zu verschiedenen Epochen.
Ein mit den neuen Daten konformes Bild lässt die Roten-Nugget-Galaxien als
sehr kleine Objekte im jungen Universum entstehen. Über die nächsten zehn
Milliarden Jahre kollidieren einige davon mit anderen kleineren und weniger
massereichen Galaxien und verschmelzen mit ihnen. Einige allerdings sind in
keine Kollisionen verwickelt und altern so kompakt wie sie entstanden sind.
So entstehen ganz unterschiedliche Formen von elliptischen Galaxien - sehr
kompakte und auch ausgedehnte Systeme. "Um die vielfältige Galaxienlandschaft
entstehen zu lassen, die wir heute in unserer Umgebung beobachten, arbeiten
viele Prozesse zusammen", so Damjanov.
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