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Astronomen ist es gelungen, einen Radiopulsar im Zentrum der Milchstraße aufzuspüren. Sie konnten so erstmals die magnetische Feldstärke in der Region rund um das supermassereiche Schwarze Loch bestimmen. Das Magnetfeld scheint stark genug zu sein, um den Strom von Materie in das Schwarze Loch zu regulieren. Dies sollte auch helfen, die Strahlung aus dieser Region besser zu verstehen.
Pulsare sind kompakte rotierende Neutronensterne die wie kosmische Leuchttürme ultrapräzise Radioblitze abstrahlen. Damit sind sie im Prinzip ideal geeignet, um die Umgebung Schwarzer Löcher zu studieren. Die Suche nach einem Pulsar im Zentrum unserer Milchstraße stellte deshalb eines der Hauptziele der Pulsarastronomie in den letzten 20 Jahren dar. Im Herzen unserer Galaxis befindet sich nämlich das uns nächste supermassereiche Schwarze Loch mit der rund viermillionenfachen Masse unserer Sonne, das als Sagittarius A* (Kurzform: Sgr A*) bezeichnet wird. Ein Pulsar im Galaktischen Zentrum, so die Hoffnung der Forscher, könnte beispielsweise benutzt werden, um die Krümmung der Raum-Zeit in unmittelbarer Umgebung des Schwarzen Lochs zu messen und zu überprüfen, ob Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie auch solch extremen Tests noch standhält. Trotz langem Suchen schien aber bisher unser galaktisches Zentrum eine Pulsar-freie Zone zu sein - bis zum Frühjahr dieses Jahres. Röntgensatelliten der NASA hatten den Strahlungsausbruch einer neuen Röntgenquelle in Richtung des galaktischen Zentrums mit der Aussendung von pulsierender Röntgenstrahlung entdeckt. Die Daten wiesen darauf hin, dass es sich um einen Magnetar, einen jungen Neutronenstern mit extrem starkem Magnetfeld, handeln musste. Sofort wurde am Radio-Observatorium Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) ein Beobachtungsprogramm mit dem 100-Meter-Teleskop gestartet, um zu testen, ob es sich bei der neuen Quelle auch um einen Radiopulsar handelte. "Sobald wir von der Entdeckung von regelmäßigen Pulsen im Röntgenbereich mit dem NuSTAR-Teleskop gehört hatten, haben wir das 100-Meter-Teleskop in Richtung des Galaktischen Zentrums ausgerichtet", erinnert sich Ralph Eatough von der Forschungsabteilung "Radioastronomische Fundamentalphysik" am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR). "Bei den ersten Beobachtungen war der Pulsar noch nicht eindeutig sichtbar, aber manche Pulsare sind wirklich störrisch und brauchen einiges an Beobachtungen, bevor wir sie eindeutig im Kasten haben. Beim zweiten Versuch war der Pulsar recht aktiv und sehr leuchtkräftig in Radiofrequenzen. Ich konnte erst mal kaum glauben, dass wir wirklich einen Pulsar im Zentrum unserer Milchstraße entdeckt hatten."
Aufgrund der besonderen Lage des Pulsars hat das Forschungsteam einigen Aufwand betrieben, um sicherzustellen, dass es sich dabei um eine reale Quelle im fernen Universum handelt und nicht etwa um von Menschen erzeugte Störstrahlung hier auf der Erde. Zusätzliche Beobachtungen wurden mit einer Reihe von Radioteleskopen weltweit durchgeführt. "Wir waren zu aufgeregt zum Schlafen zwischen den einzelnen Beobachtungen", sagt Evan Keane vom Jodrell-Bank-Observatorium. "Wir haben samstags früh um 6 Uhr Radiohelligkeiten ausgerechnet und konnten fast nicht glauben, dass dieser Magnetar inzwischen so hell geworden war." Andere Forschungsteams haben das Australia Telescope in Australien und das Green Bank-Teleskop in den USA eingesetzt. "Das Radioteleskop Effelsberg ist so gebaut worden, dass man auch Zugang zum Galaktischen Zentrum damit hat. Und 40 Jahre später wird der erste Radiopulsar im Zentrum der Milchstraße mit Effelsberg entdeckt", erklärt Heino Falcke, Professor an der Radboud-Universität Nimwegen. "Manchmal brauchen Astronomen eben Geduld. Es war ganz schön anstrengend, aber am Ende hatten wir den Erfolg." Der neu entdeckte Pulsar, mit der Bezeichnung PSR J1745-2900, gehört zu einer speziellen Gruppe von Pulsaren, den so genannten Magnetaren. Magnetare sind Pulsare mit extrem starken Magnetfeldern von der Größenordnung von 100 Millionen Tesla, das ist ungefähr 1.000-mal stärker als das Magnetfeld von normalen Neutronensternen oder 100.000-Milliarden Mal stärker als das Magnetfeld der Erde. Es ist bekannt, dass die Strahlung von diesen Objekten sehr stark polarisiert ist. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, durch Messungen der Drehung der Polarisationsebene, verursacht durch ein von außen wirkendes Magnetfeld (der so genannte Faraday-Effekt) die Stärke des Magnetfelds in Richtung des Pulsars zu bestimmen. Die Magnetfeldstärke in der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße ist eine wichtige Kenngröße. Das Schwarze Loch verschluckt letztendlich Material aus seiner direkten Umgebung, hauptsächlich heißes ionisiertes Gas, in einem Prozess, der als Akkretion bezeichnet wird. Dabei können die von dem einfallenden Gas erzeugten Magnetfelder Struktur und Dynamik des Akkretionsflusses beeinflussen und diesen Prozess regulieren. Das kann auch zur Erzeugung von energiereichen Materiestrahlen oder Jets führen, durch die Materie nach außen abgeführt wird. Der neu gefundene Pulsar hat Messungen der Stärke des Magnetfelds dort ermöglicht, wo der Akkretionsfluss zur Zentralquelle einsetzt - die ersten Resultate deuten auf ein starkes und großskalig geordnetes Magnetfeld. "Um die Eigenschaften von Sgr A* verstehen zu können, müssen wir den Akkretionsprozess begreifen, mit dem das Gas in das zentrale Schwarze Loch transportiert wird", sagt Michael Kramer, Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung "Radioastronomische Fundamentalphysik". "Bis jetzt blieb ein Parameter unbekannt, nämlich die Magnetisierung des Gases. Die ist aber entscheidend für die Struktur des Akkretionsflusses. Mit unseren Untersuchungen können wir das jetzt angehen und den neuen Pulsar für die Bestimmung der Stärke des Magnetfeldes dort verwenden, wo der Akkretionsfluss von Gas in das zentrale Objekt seinen Anfang nimmt." Wenn die Akkretion des von ionisiertem Gas erzeugten Magnetfelds bis hin zum Ereignishorizont des Schwarzen Lochs erfolgt, kann damit auch die Strahlung von Radio- bis zu Röntgenwellenlängen erklärt werden, die lange mit der Zentralquelle selbst in Verbindung gebracht wurde. Außerdem können sehr starke Magnetfelder direkt am Schwarzen Loch den Akkretionsprozess unterdrücken und so erklären, warum Sgr A* im Zentrum unserer Milchstraße im Vergleich zu supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von anderen Galaxien zu "hungern" scheint. Leider steht auch der neu gefundene Pulsar mit einer Umlaufperiode von mindestens 500 Jahren immer noch in zu großer Entfernung vom supermassereichen Schwarzen Loch, um die Struktur der Raum-Zeit direkt am Zentrum detailliert erforschen zu können. Außerdem sind die Signale von Magnetaren sehr rauschbehaftet und damit eher ungenaue Uhren. "Im Idealfall möchten wir schneller rotierende Pulsare in geringerem Abstand vom Zentrum finden, um damit die Timing-Resultate noch genauer zu machen", so Eatough. "Der neue Pulsar hat unsere Hoffnungen deutlich erhöht, dass uns das in Zukunft gelingt." Die Astronomen berichten über ihre Beobachtungen in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature.
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