Wo Weltraumwetter gemacht wird
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Graz astronews.com
18. Juli 2013
Mit zwei NASA-Satelliten haben Wissenschaftler einen Prozess
auf der Sonne verfolgen können, der für die Entstehung von solaren Flares und
koronalen Massenauswürfen verantwortlich gemacht wird: die Neukonfiguration von
Magnetfeldlinien. Die Daten bestätigen im Wesentlichen die Theorien der Forscher
über diese energiereichen Ereignisse.
Die RHESSI-Daten sind hier in Orange über ein
Bild des Solar Dynamics Observatory gelegt, das
den Verlauf der Magnetfeldlinien in der
Atmosphäre der Sonne zeigt.
Bild: NASA/SDO/RHESSI/Goddard |
Wenn das Weltraumwetter Kapriolen schlägt, dann hat das mitunter auch auf der
Erde Auswirkungen. Explosionen auf der Sonne schleudern geladene Teilchen
manchmal bis in die Atmosphäre des blauen Planeten. Dort können sie Satelliten
stören, den Flugverkehr behindern und sogar Stromausfälle auf der Erde
verursachen.
Dr. Yang Su, der als Sonnenforscher in der Arbeitsgruppe von Prof.
Astrid Veronig am Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz
arbeitet,
ist es nun erstmals gelungen, auf detaillierten Bildern der Sonne, die
Neukonfiguration von Magnetfeldlinien zu beobachten, die für die Entstehung der Explosionen
und damit für solare Flares oder koronale Massenauswürfe verantwortlich gemacht
wird. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Physics
veröffentlicht.
In der äußeren Atmosphäre der Sonne, der Korona, beträgt die Temperatur mehrere
Millionen Grad Celsius. Wenn das Plasma, also das gasförmige Material aus
geladenen Teilchen, aus dem die Sonne besteht, explodiert, steigt die
Temperatur in diesen Bereichen auf über 20 Millionen Grad. "Die Ursache für
solche Explosionen ist die Verschmelzung von Magnetfeldern über der
Sonnenoberfläche", erklärt Veronig. "Kommen sich
zwei einander entgegengesetzte Magnetfelder zu nahe, dann brechen sie auf, um
sich anschließend neu zu formieren. Dabei werden gewaltige Energien frei".
Schon länger vermutet man, dass auf diese Weise Sonneneruptionen entstehen,
die entweder als solare Flares
oder - wenn geladene Teilchen des Plasmas in den Weltraum ausgestoßen werden -
als koronale Massenauswürfe bezeichnet werden. Da die Partikelwolken von der
Sonne auch Satelliten im Erdorbit beeinflussen und im Extremfall sogar auf der
Erde selbst für Schäden sorgen können, ist das Verständnis der Vorgänge in der
Sonnenkorona auch wichtig für eine Vorhersage dieses "Weltraumwetters."
"Man versucht noch immer zu verstehen, wie durch diese Neukonfiguration von
Magnetfeldern Flares entstehen", so Su. "Wir haben schon viele einzelne
Indizien, aber unser Bild ist noch nicht komplett." Eine vielleicht
entscheidendes Teil des Puzzles könnte Su nun zusammen mit Kollegen durch die
Beobachtung eines solaren Flares am 17. August 2011 mithilfe des NASA-Satelliten
Solar Dynamics Observatory gefunden haben. Zwar lassen sich damit die
Magnetfeldlinien nicht direkt verfolgen, doch kann man das heiße Plasma
beobachten, das an die Linien gebunden ist.
Auf den Bildern des NASA-Satelliten sahen die Forscher dann tatsächlich
etwas, was wie eine Verschmelzung von Magnetfeldlinien aussah: Zwei Bündel von
Feldlinien schienen sich aufeinander zuzubewegen und dann kurzzeitig zu
verbinden. Anschließend entfernte sich die eine Hälfte ins All, während die
andere Hälfte wieder auf die Sonne zurückfiel.
Um sicherzugehen, dass sie auch tatsächlich das beobachtet hatten, was sie
glaubten, schauten sich die Forscher anschließend die Daten des NASA-Satelliten
Reuven Ramaty High Energy Solar Spectroscopic Imager
(RHESSI) an, der Informationen über die Temperaturentwicklung in der Region
während des Ereignisses lieferte. Und tatsächlich zeigten sich oberhalb und
unterhalb des vermuteten Verschmelzungspunktes heiße Bereiche - ganz wie es die
Modelle vorhersagen. "Es ist das erste Mal, dass wir die gesamte Struktur dieses
Prozesses so detailliert sehen können, dank der hochwertigen Daten des Solar
Dynamics Oberservertory", so Su. "Sie bestätigen unsere Theorie mit
visuellen Beweisen."
Die Beobachtungen liefern nun
gemeinsam mit den aufgezeichneten physikalischen Daten eine umfassende Basis für
weitere Berechnungen. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in Modelle ein, mit
denen die Wissenschaftler die Vorgänge auf der Sonne am Computer simulieren. Ziel
ist, die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse immer weiter aufzuklären und
nicht zuletzt auch ihre Auswirkungen auf das Weltraumwetter besser einschätzen
zu können.
Die NASA hat die Beobachtungen auch in einem kurzen Film zusammengefasst, der
die Bewegung der Magnetfeldlinien zeigt und bei
YouTube abrufbar
ist.
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