Galaktischer Pinguin mit Ei
von Stefan Deiters astronews.com
21. Juni 2013
Wohl jeder hat es schon einmal gemacht und in
Wolkenstrukturen Gesichter, Tiere, Kontinente oder Fabelwesen wiedererkannt.
Auch Galaxien eignen sich für dieses Spiel, wie eine gestern veröffentlichte
Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble
beweist: Die beiden wechselwirkenden Galaxien erinnern frappierend an einen
Pinguin, der sein Ei hütet.
Hubbles Blick auf Arp 142. Bild:
NASA, ESA und das Hubble Heritage Team
(STScI/AURA) [Großansicht] |
Das neue, gestern von der Europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichte
Bild basiert auf Daten der Wide Field Planetary Camera 3 des
Weltraumteleskops Hubble und zeigt ein System aus zwei wechselwirkenden
Galaxien, das unter der Bezeichnung Arp 142 bekannt ist. Wenn sich zwei Systeme
zu nahe kommen, beeinflussen sie sich gegenseitig durch ihre gravitative
Anziehungskraft. Sie können verschmelzen oder werden durch die dichte Begegnung
quasi auseinandergezogen.
Genau dies passiert gerade der Galaxie NGC 2936, einem der beiden
Partner von Arp 142. Ursprünglich handelte es sich bei dieser jetzt eigentümlich
langgezogenen Galaxie um eine ganz normale Spiralgalaxie. Doch die Begegnung mit
der elliptischen Galaxie NGC 2937 veränderte alles. Das Paar erinnert auf den
ersten Blick an einen Pinguin, der auf sein Ei aufpasst - NGC 2936 ist dabei der
Pinguin, NGC 2937 das Ei.
Die Reste der Spiralstruktur von NGC 2936 lassen sich noch erkennen: Das
"Auge" des Pinguins stellt das ehemalige Zentrum der Spiralgalaxie dar und die
einstige Lage der Spiralarme, ist noch immer zu erahnen. Die Arme wurden aber
inzwischen in die Länge gezogen und bilden den Körper des kosmischen Pinguins
als bläuliche und rötliche helle Streifen, die sich in einem Bogen in Richtung
der elliptischen Galaxie erstrecken. Die beiden Galaxien sind sich so nahe, dass
es zu gewaltigen Wechselwirkungen zwischen ihnen kommen dürfte, einschließlich
des Austauschs von Materie.
Im oberen Bereich des Bildes sind zwei helle Sterne zu sehen, die uns
deutlich näher sind als Arp 142. Einer der Sterne scheint von einer Wolke aus
bläulichem Material umgeben zu sein. Doch man sollte sich nicht täuschen lassen:
In Wirklichkeit handelt es sich hierbei nämlich um eine Galaxie im Hintergrund.
Sie ist zu weit entfernt, um die Geschehnisse in Arp 142 beeinflussen zu können.
Das gilt auch für die anderen Galaxien, die rund um NGC 2936 zu erkennen sind.
In noch größerer Entfernung sind noch zahlreiche weitere langgezogene rote und
bläuliche Galaxien auszumachen.
Den Namen Arp 142 verdankt das System dem amerikanischen Astronomen Halton
Arp, der 1966 einen Katalog mit merkwürdig geformten Galaxien veröffentlichte.
Er wollte mit Hilfe seiner Aufstellung besser verstehen, wie sich Galaxien
entwickeln und ihr Aussehen verändern können. Die Objekte dafür wählte er nach
ihrem eigentümlichen Erscheinungsbild aus. Später stellte man fest, dass es sich
bei vielen Einträgen in Arps Katalog um wechselwirkende oder gerade
verschmelzende Systeme handelt.
Dichte Begegnungen, Kollisionen und Verschmelzungen von Galaxien gelten heute
als wichtiger Faktor für die Entwicklung von Galaxien. So vermutet man, dass die
großen Galaxien in unserer galaktischen Nachbarschaft durch wiederholte
Kollisionen und Verschmelzungen entstanden sind. Bei Kollisionen von Galaxien
kommt es übrigens in der Regel nicht zu tatsächlichen Kollisionen von Sternen.
Allerdings werden diese auf neue Bahnen gelenkt und Gas wird komprimiert,
wodurch es zu heftigen Ausbrüchen von Sternentstehung kommen kann.
Der galaktische Pinguin und sein Ei sind rund 400 Millionen Lichtjahre von
der Erde entfernt und befinden sich im Sternbild Wasserschlange. Für die
Aufnahme wurden Beobachtungen im sichtbaren und im infraroten Bereich des Lichts
kombiniert.
|