Sir Bernard Lovell gestorben
von Stefan Deiters astronews.com
7. August 2012
Einer der Pioniere der Radioastronomie, der britische
Physiker und Radioastronom Sir Bernard Lowell, ist gestern, nur wenige Wochen vor seinem 99.
Geburtstag, gestorben. Lovell war der Gründer des Radioobservatoriums Jodrell
Bank, wo 1957 das damals größte bewegliche Radioteleskop der Welt seinen Betrieb
aufnahm. Es trägt heute seinen Namen.

Sir Bernard Lovell 1913-2012.
Foto: University of Manchester |
Bernard Lovell wurde am 31. August 1913 in Oldland Common in der englischen
Grafschaft Gloucestershire geboren. Er studierte Physik an der Universität in
Bristol, wo er 1936 auch seine Doktorarbeit fertigstellte. Anschließend nahm er
eine Anstellung am Department of Physics der University of
Manchester an und beschäftigte sich hier mit der Erforschung der kosmischen Strahlung. Während des Zweiten Weltkriegs war er mit der Entwicklung des
Radarsystems H2S befasst, das in den Bombern der britischen Luftwaffe eingesetzt
wurde. Für diese Arbeit wurde er später mit dem Order of the British Empire
ausgezeichnet.
Nach dem Krieg kehrte Lovell an die University of Manchester zurück, um
sich weiter der kosmischen Strahlung zu widmen. Dazu verwendete er vom Militär
nicht mehr benötigte Radarinstrumente. Da die Straßenbahnen in Manchester aber seine
Arbeit störten, zog er Ende 1945 mit seinen Gerätschaften auf ein Gelände in Jodrell
Bank um, das zum botanischen Institut der Universität gehörte und begründete
damit das Jodrell Bank Observatorium. Von hier aus konnte er unter
anderem zeigen, dass sich von Meteorschauern, die in die Erdatmosphäre
eindringen und die Luft ionisieren, Radarechos nachweisen lassen.
Bereits Ende der 1940er Jahre baute er in Jodrell Bank ein 66 Meter
durchmessendes Radioteleskop, mit dem man allerdings nur genau nach oben schauen
konnte, da es fest auf dem Boden montiert war. Es war damals das größte
Radioteleskop der Welt. Der nächste logische Schritt war dann der Bau eines
beweglichen Radioteleskops, das Lovell in den folgenden Jahren zusammen mit dem Ingenieur Charles Husband
entwickelte.
Da das Geld knapp war, wurde für den Bau des neuen Teleskops die Geschützturmmechanik
zweier ausrangierter britischer Schlachtschiffe, der HMS Revenge und
der Royal Sovereign, verwendet. Diese bildeten die Hauptlager zur Höhenverstellung
des Teleskops. Die anderen Komponenten konstruierte man dann so, dass sie zu den
ehemaligen Geschütztürmen passten. Die ersten Beobachtungen mit dem Teleskop
wurden am 2. August 1957 gemacht. Nur kurze Zeit nach der Inbetriebnahme gelang
es Lovell mit dem neuen Teleskop die Rakete zu verfolgen, die den ersten
Satelliten Sputnik 1 in eine Erdumlaufbahn brachte.
Mit einem Durchmesser von 76 Metern war das später Lovell-Teleskop
genannte Instrument das damals größte bewegliche Radioteleskop der Welt. Erst
mit der Eröffnung des 100-Meter-Radioteleskops in Effelsberg verlor es diese
Stellung, ist bis heute aber das drittgrößte bewegliche Radioteleskop und -
mehrfach modernisiert - noch immer im Einsatz der Wissenschaft.
In Großbritannien war Bernhard Lovell auch für seine Auftritte im Fernsehen
und durch zahlreiche Bücher bekannt. Bis ins hohe Alter kam er regelmäßig in das
Observatorium in Jodrell Bank, dem er bis 1980 als Direktor vorgestanden hatte.
Er war zudem ein begeisterter Musikfreund, wobei seine besondere Liebe der
Kirchenorgel galt. Mehrere Jahrzehnte war er Organist der Kirche des Dorfes
Swettenham und gab diese Position erst auf, als seine Augen dafür zu schlecht
geworden waren. Er war zudem ein begeisterter Cricket-Anhänger und ein großer Liebhaber
von Bäumen. So legte er in Swettenham und in Jodrell Bank jeweils ein Arboretum
an.
Sir Bernard Lovell starb am 6. August 2012 im Alter von 98 Jahren.
|