Die detailliertesten Bilder der Korona
von Stefan Deiters astronews.com
27. Juli 2012
Astronomen haben in diesem Monat die bislang
detailliertesten Bilder der Korona unserer Sonne gemacht. Die Beobachtungen der
mehrere Millionen Grad heißen äußeren Atmosphäre unseres Zentralsterns gelangen
mit einem Spezialteleskop im extrem ultravioletten Spektralbereich und dauerten
nur wenige Minuten.
Deutlicher Qualitätsgewinn: Die Aufnahme der
Sonnenkorona mit dem Hi-C (unten) im Vergleich zu
einem Bild der gleichen Region des Solar Dynamics
Observatory (oben)
Bild: NASA [Großansicht] |
Die Korona der Sonne umgibt die sichtbare Oberfläche unseres Zentralgestirns
und ist im sichtbaren Bereich des Lichts nur schwer zu beobachten, weil sie in
der Regel komplett überstrahlt wird. Lediglich bei einer totalen
Sonnenfinsternis
ist das anders und die Korona wird als eindrucksvoller Strahlenkranz sichtbar. Sie
besteht aus einem mehrere Millionen Grad heißen Plasma, das hauptsächlich
Strahlung im Röntgenbereich und im extremen Ultraviolett aussendet.
Die Korona und ihr Wechselspiel mit den darunterliegenden Schichten der Sonne
gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. So ist bislang noch immer nicht
geklärt, warum die Korona eigentlich so heiß ist. Auch die Entstehung von
solaren Eruptionen und koronalen Massenauswürfen ist von großem Interesse,
können doch die dabei ins All geschleuderten Partikel für erhebliche Störungen auf
der Erde sorgen.
Mit Hilfe des High Resolution Coronal Imager (Hi-C) wollten die
Wissenschaftler auch kleinste
Strukturen in der Korona sichtbar machen, die vermutlich für das dynamische
Verhalten unseres Zentralsterns verantwortlich sind. "Der Satz 'denke global,
handle lokal' gilt auch für die Sonne", so Leon Golub vom Harvard-Smithsonian
Center for Astrophysics, einer der verantwortlichen Wissenschaftler der Mission.
"Dinge, die sich auf sehr kleinen, lokalen Skalen ereignen, können die gesamte
Sonne beeinflussen und zu einer Eruption führen."
Hi-C ist kein Teleskop wie jedes andere: Es wird mit einer
Höhenforschungsrakete für kurze Zeit ins All gebracht, um von dort Beobachtungen
in einem Wellenlängenbereich zu machen, der sich von der Erdoberfläche aus
nicht beobachten lässt. Bei dem Flug am 11. Juli
2012 entstanden so Aufnahmen der Korona, die fünfmal detaillierter
sind als die des nächstbesten Teleskops, des Solar Dynamics Observatory. "Obwohl
die Mission nur wenige Minuten dauerte, stellt sie einen wichtigen Durchbruch
bei der Erforschung der Sonnenkorona dar", so Golub.
Für den Flug hatten sich die Wissenschaftler eine aktive Region auf der
Sonne in der Nähe des Sonnenflecks NOAA 1520 ausgesucht. Die Beobachtungen bei
einer Wellenlänge von 19,3 Nanometern, was etwa 25-mal kürzer als die
Wellenlänge des sichtbaren Lichts ist, machten ineinander verwobene Plasmaströme
sichtbar, die durch Magnetfelder in diese komplexe Struktur gebracht wurden.
"Wir haben ein außergewöhnliches Instrument, das auch noch genau zur
richtigen Zeit gestartet wurde", so der Sonnenphysiker Jonathan Cirtain vom
Marshall Space Flight Center der NASA. "Wegen der starken Sonnenaktivität, die
wir gerade beobachten können, konnten wir problemlos eine recht große aktive Region
anvisieren und alle geplanten Beobachtungen durchführen."
Der Flug von Hi-C dauerte nur etwa zehn Minuten und lediglich für ungefähr
330 Sekunden konnten dabei auch Daten gesammelt werden. "Der Hi-C-Flug könnten
die produktivsten fünf Minuten gewesen sein, die ich je verbracht habe", so Golub.
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