Gebündelter Teilchenstrahl aus dem Nichts
von Stefan Deiters astronews.com
5. Juli 2012
Eine neue, in dieser Woche veröffentlichte Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble zeigt mit Herbig-Haro 110 ein Objekt, das eigentlich
durch einen gebündelten Teilchenstrahl entstanden sein sollte, der von einem
sich gerade bildenden Stern ausgeht. Doch trotz intensiver Suche ist es den
Astronomen bislang nicht gelungen, einen solchen Stern aufzuspüren. Wie also ist
HH 110 entstanden?
Hubbles Blick auf das Herbig-Haro-Objekt 110.
Bild: NASA, ESA und das Hubble Heritage
Team (STScI / AURA) [Großansicht] |
Bei Herbig-Haro-Objekten handelt es sich um eigentümlich leuchtende, oft
ausgedehnte Gasstrukturen. Nach Ansicht von Astronomen entstehen sie durch zwei,
von einem gerade entstehenden Stern in entgegengesetzte Richtungen ausgestoßene
eng gebündelte Teilchenstrahlen, sogenannte Jets. Das Material für diese Jets
stammt vermutlich aus der Scheibe aus Gas und Staub um die junge Sonne.
Wenn sich diese Jets nun in die Umgebung ausbreiten, treffen sie irgendwann unweigerlich
auf andere Gasansammlungen der Sternentstehungsregion. Der Strom wird dadurch
abgebremst. Da aber immer mehr Material mit der ursprünglichen Geschwindigkeit
nachgeliefert wird, kommt es an diesen Stellen zu einem "Stau", die
Temperatur des Gases steigt deutlich an, so dass es zu leuchten beginnt.
Auch das Herbig-Haro-Objekt 110, das auf der jetzt veröffentlichten Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble zu sehen ist, sollte im Prinzip so entstanden sein.
Es befindet sich in etwa 1.300 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Orion. Doch HH 110 ist
offenbar anders. Es scheint sich bei diesem Objekt nämlich um einen einzelnen
Jet ohne zugehörigen Stern zu handeln: Den Astronomen ist es
- trotz sorgfältiger Suche - bislang nicht gelungen, die junge Sonne aufzuspüren, die für die
Entstehung des Jets verantwortlich ist.
Die Forscher haben daher eine andere Theorie entwickelt, wie HH 110
entstanden sein könnte: Eventuell wurde dieses Herbig-Haro-Objekt nicht durch
einen Stern, sondern durch einen anderen Jet erzeugt. Ganz in der Nähe gibt es
nämlich ein weiteres Objekt dieser Art. Der Jet von HH 270 könnte nun ein für
ihn undurchdringliches Hindernis - in Form einer sehr dichten
und kühlen Gaswolke - gestreift haben und dadurch um einen Winkel von 60 Grad
abgelenkt worden sein. Der Jet wurde dabei zunächst dunkel, tauchte dann aber
als HH 110 wieder auf.
Durch die Bestimmung der Geschwindigkeiten und der Position der einzelnen
Verdichtungen und Stoßfronten in dem Jet können die Astronomen die Ausbreitung
der Teilchenströme zu ihrem Ausgangspunkt zurückverfolgen. Dies verrät ihnen
dann auch mehr über die Wachstumsphase des Sterns, der für den Jet
verantwortlich ist. Das jetzt veröffentlichte Bild basiert auf Daten, die mit
der Advanced Camera for Surveys und der Wide Field Camera 3 des
Weltraumteleskops Hubble in den Jahren 2004 und 2005 sowie im April 2011 gewonnen
wurden.
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