Wohin das Kohlendioxid verschwand
von
Rainer Kayser
10.
März 2011
Unser Nachbarplanet Mars besaß in der Vergangenheit
vermutlich eine dichte Atmosphäre aus Kohlendioxid. Seit Längerem rätseln
Wissenschaftler daher, wohin dieses Gas einst verschwunden ist. Dank neuer
Beobachtungen mit der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter könnten sie nun
zumindest einen Teil davon gefunden haben - im Untergrund des Planeten.
Dieses Bild
zeigt einen nur wenige Hundert Meter
durchmessenden Bereich auf der Marsoberfläche, in
dem jetzt kohlenstoffhaltige Mineralien
nachgewiesen wurden. Es handelt sich um eine
Falschfarbenaufnahme, auf der eine
unterschiedliche Zusammensetzung des Gesteins
besonders gut zu erkennen ist.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / University of Arizona |
Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass unser Nachbarplanet Mars einst eine dichte Atmosphäre aus Kohlendioxid und offenes Wasser auf seiner Oberfläche - Flüsse, Seen, vielleicht sogar einen großen Ozean - besaß. Wohin aber ist die dichte Atmosphäre verschwunden? Jetzt auf einer Fachtagung in Houston präsentierte Messungen der amerikanischen Sonde
Mars Reconnaissance Orbiter zeigen, dass tief unter der Oberfläche des
Roten Planeten große Mengen kohlenstoffhaltiger Mineralien verborgen sind. Diese sogenannten
Karbonate entstehen typischerweise durch Reaktionen von atmosphärischem Kohlendioxid mit Wasser.
"Die große Vielfalt an Zusammensetzungen, die wir beobachten, darunter
Eisen- und Calciumkarbonate, können nicht durch die Reaktion von kleinen Wassermengen mit glühendem Gestein entstanden sein", erläutert James Wray von der
Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York.
"Calciumkarbonat findet man auf der Erde typischerweise als Ablagerungen auf dem Grund von Seen und Meeren." Einen ähnlichen Prozess, der das Kohlendioxid aus der Atmosphäre abgebaut hat, sieht Wray auch auf dem Mars am Werk.
Gemeinsam mit seinen Kollegen hatte Wray die Region um den 467 Kilometer großen Einschlagkrater Huygens in den südlichen Gebirgsregionen des
Roten Planeten beobachtet. Der Einschlag eines Asteroiden hat hier Material aus mehreren Kilometer Tiefe herausgeschleudert. Ein weiterer kleinerer Einschlag genau auf dem Kraterrand hat das Material aus der Tiefe des Marsuntergrunds freigelegt. Spektrale Analysen des
Mars Reconnaissance Orbiter zeigen neben Karbonaten auch Lehmmineralien, die ebenfalls in feuchten Umgebungen entstehen.
Frühere Untersuchungen hatten bereits Karbonate auf der Marsoberfläche aufgespürt. Allerdings handelte es sich hierbei zumeist
um Magnesiumkarbonat, eine Substanz, die beim Kontakt von glühendem Vulkangestein mit Wasserdampf entsteht. Vor einem halben Jahr hatten dann Messungen im Leighton-Krater - tausend Kilometer von Huygens entfernt - erste Hinweise auf Lehmmineralien und
Karbonate tief im Marsboden geliefert. Mit den jetzt in Houston präsentierten Ergebnissen verdichten sich also die Belege für die Existenz einer kilometertief unter der Oberfläche liegenden Sedimentschicht aus
Karbonaten aus der Frühgeschichte des Roten Planeten.
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