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MARS EXPRESS
Blick auf den See des Phoenix
Redaktion / Pressemitteilung des DLR
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15. November 2010

Ein neues, jetzt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt veröffentlichtes Bild der europäischen Marssonde Mars Express gewährt einen Blick in eine der wohl markantesten geologischen Strukturen auf dem Mars, in die Tharsis-Provinz. Die Region Phoenicis Lacus, See des Phoenix, hat allerdings nichts mit einem Gewässer zu tun.

Phoenicis Lacus

Senkrechte Draufsicht auf Phoenicis Lacus in Echtfarben. Das dargestellte Gebiet grenzt die Hochlandebenen Syria Planum im Osten (unten im Bild) und Daedalia Planum im Westen (oben außerhalb des Bildes) voneinander ab und hat eine Fläche von etwa 8.100 Quadratkilometer (59,5 Kilometer mal 136 Kilometern).  Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [vergrößerte Gesamtansicht]

Eine der markantesten geologischen Strukturen des Mars ist die Tharsis-Provinz, eine mehrere Kilometer hohe Aufwölbung der Marskruste mit einem Durchmesser von fast 4.000 Kilometern. Durch lang anhaltende vulkanische Aktivität entstanden hier gewaltige, zum Teil mehr als 20 Kilometer hohe Vulkane. Mit dem Vulkanismus gingen massive Spannungen in der Kruste einher, die ein komplexes System aus Dehnungsbrüchen erzeugten. Phoenicis Lacus ist mit seinen zahlreichen Störungen und Kollapsstrukturen der südwestliche Ausläufer des großen, bogenförmigen Bruchsystems Noctis Labyrinthus in Tharsis.

Die hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express zeichnete erst vor wenigen Monaten, am 31. Juli 2010, während Orbit 8.417 neue, hochaufgelöste Bilddaten von Phoenicis Lacus mit etwa 17 Metern pro Bildpunkt (Pixel) auf. Mars Express befindet sich seit dem 25. Dezember 2003 in einer elliptischen Umlaufbahn um den Mars. Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene Aufnahmesystem HRSC (High Resolution Stereo Camera) ist eines von sieben Experimenten an Bord von Mars Express.

Bis heute wurden mehr als zwei Drittel der Marsoberfläche in hoher Auflösung und mehr als die Hälfte des Mars in Auflösungen von 10 bis 20 Metern pro Pixel aufgenommen; das besondere Merkmal der HRSC ist ihre Fähigkeit, die Oberfläche gleichzeitig in hoher Auflösung, in Farbe und in "3D" aufzunehmen, so dass sich aus den Bilddaten digitale Geländemodelle der Marsoberfläche ableiten lassen. Die ESA hat die Mission Mars Express inzwischen bis Ende 2012 verlängert (astronews.com berichtete). 

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Die jetzt veröffentlichten Bilder zeigen einen Ausschnitt bei 13 Grad südlicher Breite und 249 Grad östlicher Länge. Das Gebiet grenzt die Hochlandebenen Syria Planum im Osten und Daedalia Planum im Westen voneinander ab und hat eine Fläche von etwa 8.100 Quadratkilometer (59,5 Kilometer mal 136 Kilometer), was etwa der Größe der Mittelmeerinsel Korsika entspricht. Phoenicis Lacus - der "See des Phoenix" - ist nach dem mythischen Vogel Phoenix benannt. Der Hinweis auf einen See im Namen ist allerdings missverständlich, denn auf den Satellitenbildern der Marssonden finden sich keine Anzeichen dafür, dass sich hier ein stehendes Gewässer befand oder gar noch heute existiert.

Die Bezeichnung "Lacus" ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass das Gebiet bei historischen Beobachtungen mit Teleskopen von der Erde eine auffallende Albedo zeigt. Albedo ist ein Maß für das Rückstrahlvermögen von Oberflächen. Dunkle oder raue Oberflächen reflektieren das eingestrahlte Licht schlechter als helle oder glatte Oberflächen. So identifizierte man bei der Erforschung der Planeten Regionen von sehr niedrigen beziehungsweise sehr hohen Albedowerten, die von dunkleren respektive helleren Oberflächen herrühren und dann zum Beispiel - wie im Fall von Phoenicis Lacus - nach Seen oder Meeren benannt wurden, weil sie eine ähnliche Albedo zeigen.

Die Entstehung der heute sichtbaren Strukturen wird in Zusammenhang mit der Aufwölbung der Tharsis-Vulkanprovinz vermutet. Phoenicis Lacus liegt in einer Zone des Störungssystems, in der die tektonischen Kräfte vorwiegend in west-östlicher Richtung ihre Wirkung entfalteten. Dadurch bildete sich eine typische, in der Geologie als "Horst- und Graben-Struktur" bezeichnete Abfolge von stehen gebliebenen Geländeblöcken und entlang der Bruchflächen in die sich öffnenden Spalten nach unten gerutschten Krustenpaketen.

Der starke, wiederholte und lang anhaltende Vulkanismus in der Region Tharsis war nicht nur mit einer deutlichen Hebung großer Teile des Gebietes verbunden, sondern auch mit der Anlage großräumiger Störungssysteme. Die zergliederte Oberfläche in diesem Gebiet ist ein Beleg für die Komplexität des Vulkanismus auf dem Mars und der damit verbundenen Tektonik. Offensichtlich wechselte im Verlauf der geologischen Entwicklung der Region die Richtung der Spannungen in der Kruste, was an mehreren Generationen von Störungsverläufen mit unterschiedlicher Orientierung zu beobachten ist.

In der rechten Bildhälfte (der Großansicht, in der Mitte des Ausschnitts) befindet sich eine prominente Kollapsstruktur. Als Folge der Dehnung der Kruste brach entlang eines hier verlaufenden Grabens - möglicherweise über großen Hohlräumen - die Kruste ein und ließ eine mehr als 3.000 Meter messende Vertiefung entstehen. Die steilen Abhänge gestatten einen Blick auf mächtige Schichten von vulkanischen Ablagerungen, die von erstarrten Strömen dünnflüssiger Basaltlava gebildet wurden. Auf dem Grund der Kollapsstruktur sind zahlreiche Dünen sowie der verwitterte Rand eines von Erosionsmaterial teilweise verfüllten Einschlagkraters zu erkennen.

Links der Bildmitte sind einige erhabene Blöcke im Zentrum der Störungszone zu erkennen. Besonders auffällig ist dies bei einem großen Block mit einem rhombenförmigen Umriss. Diese Form entstand durch die fast senkrecht zueinander verlaufende Orientierung der Störungen. Eine Dehnung führte zu der in dieser Region charakteristischen Horst- und Grabenlandschaft. Nahe dem linken unteren (südöstlichen) Bildrand ist eine Kraterstruktur erkennbar, die infolge der Grabenbildung in Richtung der vorherrschenden Kräfte in südwestlich-nordöstlicher Richtung gedehnt wurde, so dass der ursprünglich kreisförmige Einschlagkrater nun ellipsenförmig ist. Die größten schüsselförmigen Strukturen, die vor allem in der rechten Bildhälfte zu sehen sind, sind allerdings keine Impaktkrater sondern Kollapsstrukturen. Sie weisen im Vergleich zu Impaktkratern keine über die Umgebung aufragenden Ränder auf.

Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der europäischen Weltraumagentur ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Das hier gezeigte Bild wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.

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Blick auf den See des Phoenix. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Mars Express - Missionsseite bei astronews.com
Mission Mars - die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
Links im WWW
DLR - Mars Express-Seiten
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