Weißer Zwerg zerstörte Zwergplaneten
von Stefan Deiters astronews.com
24. Juni 2010
Ein kanadisch-amerikanisches Astronomenteam hat den bislang
metallreichsten Weißen Zwergstern aufgespürt. Die Forscher fanden damit
gleichzeitig ein Indiz für stellaren Kannibalismus: Der ausgebrannte Sternenrest
könnte nämlich einen Ceres-ähnlichen Zwergplaneten zerstört haben, dessen
Trümmer er nun langsam konsumiert.

Der Zwergplanet Ceres in unserem Sonnensystem
in einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble.
Bild: NASA / ESA / J. Parker (Southwest
Research Institute), P. Thomas (Cornell
University), L. McFadden (University of Maryland,
College Park) und M. Mutchler und Z. Levay (STScI) |
Ein Astronomenteam aus den USA und aus Kanada hat bei der
Durchsicht von Tausenden von Sternen des Sloan Digital Sky Survey
(SDSS) den metallreichsten bislang bekannten Weißen Zwerg entdeckt. Unter
Metallen verstehen Astronomen alle Elemente, die schwerer sind als Helium.
Nachbeobachtungen mit dem Gemini Nord-Teleskop und dem Multiple-Mirror
Telescope (MMT) ergaben, dass vermutlich ein zerstörter Zwergplanet mit
mindestens der Größe von Ceres dafür verantwortlich ist.
Weiße Zwerge sind ausgebrannte Sternenreste, in denen keine nuklearen
Fusionsprozesse mehr ablaufen. Auch unsere Sonne wird einmal als Weißer Zwerg
enden und dann langsam auskühlen. Es handelt sich um äußerst kompakte Objekte,
mit einer hohen Anziehungskraft an der Oberfläche. Ihr Inneres ist stark
differenziert: Schwerere Elemente finden sich im Zentrum des Sternenrests,
leichtere Elemente in den äußeren Bereichen.
Aus diesem Grund beobachtet man bei den meisten Weißen Zwergen eine reine
Wasserstoff- oder Heliumoberfläche. Findet man Spuren von schwereren Elementen
wie Kalzium, Magnesium oder Eisen in den äußeren Schichten eines kühlen, also
schon etwas älteren Weißen Zwergs, muss dieses Material erst vor kurzer Zeit von
dem Stern aufgesammelt worden sein - etwa in Form eines nahen Asteroiden, der
die früheren Phasen der Entwicklung des Sterns überstanden hat, nun dem Weißen
Zwerg aber zu nahe gekommen ist.
Ein Team um Patrick Dufour von der University of Montreal berichtet
nun in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal über den Weißen
Zwerg mit der größten bislang entdeckten "Verschmutzung" auf der Oberfläche. Er
trägt den unhandlichen Namen SDSS J073842.56+183509.6 und übertrifft den
bisherigen Rekordhalter um einen Faktor 10. Mit Hilfe von Modellen über die
Atmosphäre von Weißen Zwergen errechneten die Wissenschaftler, dass sich auf der
Oberfläche des Objektes Material mit einer Masse von 4,3 mal 1023
Gramm angesammelt haben muss, was der Hälfte der Masse des Zwergplaneten Ceres
in unserem Sonnensystem entspricht.
Infrarotbeobachtungen mit dem Near-Infrared Imager des Gemini
Nord-Teleskops lassen zudem vermuten, dass sich um den Weißen Zwerg eine
Akkretionsscheibe befindet, in der sich das Material eines durch die enormen
Gezeitenkräfte auseinandergerissenen Asteroiden oder Planeten gesammelt hat. Aus
dieser Scheibe setzt sich vermutlich dann Material auf der Oberfläche des Weißen
Zwergs ab. Die Masse des Materials in der Akkretionsscheibe konnten die
Astronomen nicht bestimmen. Sie vermuten aber, dass das Objekt, das für die
"Verschmutzung" verantwortlich ist, mindestens so groß wie Ceres gewesen sein
muss, wenn nicht sogar noch größer.
Untersuchungen mit dem MMT ergaben außerdem, dass die chemische
Zusammensetzung des entdeckten Materials eine große Ähnlichkeit mit der
Zusammensetzung der Erde aufweist. Dies könnte darauf hindeuten, dass
Gesteinsplaneten, ähnlich denen in unserem Sonnensystem, auch in anderen
Systemen häufig zu finden sind.
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