Filamente aus kaltem Staub
von Stefan Deiters astronews.com
19. März 2010
Auf einem neuen jetzt vorgestellten Bild des ESA-Satelliten
Planck sind riesige Filamente aus Staub in unserer Milchstraße zu
sehen. Eine Analyse der gewaltigen Strukturen könnte wichtige Informationen über
die Kräfte geben, denen unsere Heimatgalaxie ihre Struktur verdankt und die
Sternentstehung in verschiedenen Bereichen ausgelöst haben.
Plancks Blick auf den kalten Staub in einem
Umkreis von 500 Lichtjahren.
Bild: ESA & das HFI Konsortium / IRAS
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Mit dem Satelliten Planck will die ESA einige
fundamentale Fragen beantworten: Wie ist unser Universum entstanden und wie
haben sich die Galaxien gebildet? Um dies herauszufinden soll die im vergangenen
Jahr gestartete Sonde winzige Temperaturschwankungen der kosmischen
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung bis auf ein Millionstel Grad genau vermessen.
Mit dem jetzt vorgestellten Bild wurde der Untersuchungsbereich von Planck
auf die Strukturen aus kaltem Staub in der Milchstraße erweitert.
Auf dem Bild lassen sich filamentartige Strukturen aus Staub in unserer
Nachbarschaft erkennen und dies bis in eine Entfernung von 500 Lichtjahren von
der Sonne. Die lokalen Filamente sind mit dem Band der Milchstraße verbunden,
das als pinkfarbene horizontale Struktur am unteren Rand zu sehen ist. Die
Emissionen in diesem Bereich kommen aus deutlich größerer Entfernung, nämlich
aus der gesamten galaktischen Scheibe.
Die Farben im Bild sind entsprechend den Temperaturen des Staubs kodiert. In
weißlich-pinken Regionen hat er Temperaturen von einigen Dutzend Grad über dem
absoluten Nullpunkt, in dunkleren Bereichen ist er mit minus 261 Grad Celsius -
rund 12 Grad über dem absoluten Nullpunkt - deutlich kälter. Der wärmere Staub
findet sich in der Nähe der galaktischen Ebene, der darüber ist kälter.
"Wodurch die Strukturen diese spezielle Form erhalten ist noch nicht wirklich
gut verstanden", so Jan Tauber, ESA-Projektwissenschaftler für Planck.
Bei den dichteren Bereichen handelt es sich um sogenannte Molekülwolken, in den
diffuseren befindet sich neben Staub auch Gas, was allerdings auf dem Bild nicht
direkt zu erkennen ist.
Die Form der Filamente könnte sich durch unterschiedliche Kräfte erklären: In
Frage kommt die Rotation der gesamten Milchstraße, wodurch eine Spiralstruktur
von Sternen, Gas und Staub entsteht. Auch die Gravitation hat einen Einfluss auf
das Aussehen der Strukturen, genau wie die Strahlung und die Teilchenströme, die
von Sternen ausgehen. Auch Magnetfelder spielen eine Rolle, man weiß aber noch
nicht, wie wichtig sie in diesem Zusammenhang sind.
Helle Punkte in dem Bild zeigen Bereiche mit einer größeren Materiedichte.
Hier könnten gerade neue Sterne entstehen. Das ESA-Infrarotteleskop Herschel
ist in der Lage solche Regionen detailliert zu untersuchen, allerdings kann sie
nur Planck am gesamten Himmel aufspüren. Planck scannt nämlich
den kompletten Himmel ab, während Herschel gründliche Beobachtungen von
eng begrenzten Regionen, etwa nahegelegenen Sternentstehungsgebieten macht.
Ein verblüffender Sachverhalt ist, dass sich die Filamentstruktur im Großen
und im Kleinen sehr ähnlich ist. Woher das kommt, kann sich bislang niemand
erklären. "Das ist die große Frage", so Tauber. Das neue Bild wurde aus Daten
von Plancks High Frequency Instrument (HFI) bei Wellenlängen
von 540 Mikrometern und 350 Mikrometern und aus einem 100 Mikrometer-Bild
zusammengestellt, das 1983 mit dem Satelliten IRAS gemacht wurde.
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