Kosmische Strahlung beeinflusst Klima nicht
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
9. März 2010
Änderungen der kosmischen Strahlung, wie sie durch Schwankungen der
Sonnenaktivität auf der Zeitskala von einigen Tagen verursacht werden, haben
keine Veränderungen der globalen oder regionalen Wolkenbedeckung zur Folge.
Das zeigen detaillierte Analysen von Wissenschaftlern einer
schweizerisch-deutschen Kollaboration. Somit ist es sehr unwahrscheinlich,
dass kosmische Strahlung das Klima beeinflusst.

Kosmische Strahlung hat keinen Einfluss auf die Wolkendecke der
Erde. Foto: NSSDC /
NASA |
Wolken spielen für das Klima der Erde eine doppelte Rolle.
Einerseits reflektieren sie auf den Planeten einfallendes Sonnenlicht
zurück in den Weltraum, andererseits behindern Wolken die
Wärme-Abstrahlung von der Erdoberfläche in den Weltraum. Je nach ihrer
Höhe und Beschaffenheit wirken Wolken also entweder wärmend oder
kühlend. Nach heutiger Auffassung dominiert der kühlende Einfluss der
Wolken.
Vor einigen Jahren haben dänische Wissenschaftler die Hypothese aufgestellt,
dass die galaktische kosmische Strahlung die globale Wolkenbedeckung
beeinflusst. Dies leiteten sie aus der Auswertung von Strahlungs- und
Wolkendaten über einen Sonnenzyklus ab. Während eines 11-jährigen Sonnenzyklus
nimmt die Aktivität der Sonne und damit die Zahl der Sonnenflecken zu und wieder
ab, wodurch die Stärke der im Sonnenwind eingefrorenen und die kosmische
Strahlung ablenkenden Magnetfelder entsprechend schwankt.
Das hat zur Folge, dass bei aktiver Sonne weniger kosmische Strahlung die
Erde erreicht. Da insgesamt die Sonnenaktivität im vergangenen Jahrhundert
zugenommen hat, vermuteten die dänischen Autoren, dass die Wolkenbedeckung und
somit die Wolkenkühlung abgenommen haben. Sie spekulierten, dass die beobachtete
globale Erwärmung darauf zurückzuführen sei. Dies löste eine kontroverse Debatte
aus.
Für einen unabhängigen Test dieser Hypothese haben Frank Arnold vom
Max-Planck-Institut für Kernphysik und seine Schweizer Kollegen von der
Universität Bern und der Eawag Dübendorf nun sogenannte Forbush-Ereignisse
analysiert. Dabei verursachen sporadisch auftretende Sonneneruptionen einen
plötzlichen Rückgang der in die Erdatmosphäre eindringenden kosmischen
Strahlung, der innerhalb weniger Tage wieder abklingt. Die Abnahme ist ähnlich
stark ausgeprägt wie im Maximum des Sonnenzyklus.
Wie können kosmische Strahlen die Wolkenbildung beeinflussen? Wolken brauchen
zu ihrer Entstehung Kondensationskeime, die dann zu Tröpfchen anwachsen. Solche
Kondensationskeime sind Aerosolteilchen, die im Prinzip auch aus Ionen
(elektrisch geladenen Atomen oder Molekülen) entstehen können. Die Ionen werden
durch die kosmische Strahlung aus neutralen Luftmolekülen gebildet.
Die Gruppe um Frank Arnold hat in Laborexperimenten die Bildung von
Aerosolteilchen aus Ionen untersucht. Hierbei zeigte sich, dass die Ionen
hauptsächlich durch Anlagerung von gasförmiger Schwefelsäure wachsen. Nach
einigen Tagen sind die Teilchen so groß, dass Wasserdampf darauf kondensieren
kann. Schwefelsäure entsteht in der Atmosphäre aus Schwefeldioxid, das
hauptsächlich bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe sowie bei
Vulkanausbrüchen in die Luft geblasen wird.
Allerdings wird in der Atmosphäre nur selten genügend Schwefelsäure gebildet,
um die winzigen Aerosolteilchen bis zur Größe von Wolkenkondensationskernen
anwachsen zu lassen. Das begrenzte Angebot an Schwefeldioxid ist somit ein
Flaschenhals für die Wolkenbildung durch kosmische Strahlung. So lag es nahe,
aus Messdaten der galaktischen kosmischen Strahlung die Ionenkonzentration in
der Atmosphäre zu berechnen und mit Satellitendaten der Wolkenbedeckung zu
vergleichen.
Als Ergebnis der Analyse von sechs markanten Forbush-Ereignissen steht fest,
dass sich Ionenkonzentration und Wolkenbedeckung völlig unkorreliert zeitlich
ändern. In keinem Wolkenstockwerk fanden die Forscher der
schweizerisch-deutschen Kollaboration globale oder regionale Effekte, weder für
ein einzelnes Ereignis noch gemittelt über alle sechs Ereignisse.
Analysiert haben die Wissenschaftler nur solche Forbush-Ereignisse, die nicht
durch andere Effekte überlagert waren. Sie berechneten für alle 6 Ereignisse
über je 20 Tage alle 3 Stunden die Ionenkonzentration in einem 5 mal 5
Grad-Gitter über den Globus und die gesamte Troposphäre. Diese verglichen sie
dann mit ebenfalls 3-stündlich vorliegenden Satellitendaten zur Wolkenbedeckung
in drei Höhenstufen.
Sie betrachteten nur relative Werte, so dass eventuelle systematische
Messfehler keine Rolle spielen. Die Methode ist empfindlich genug, um Effekte in
der von den dänischen Wissenschaftlern postulierten Größenordnung zu entdecken.
Die Forscher berichteten über ihre Ergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift
Geophysical Research Letters. Auch frühere Untersuchungen über einen
Zusammenhang von kosmischer Strahlung und Klimawandel hatten zu ähnlichen
Resultaten geführt (astronews.com berichtete).
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