Schnelle Alterung durch Sonnenwind
von Stefan Deiters astronews.com
23. April 2009
Die Oberflächen von Asteroiden altern offenbar deutlich
schneller als man bislang vermutet hatte. Nach einer neuen Studie, die in dieser
Woche in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wird, können die Brocken
schon innerhalb von weniger als einer Millionen Jahre das Aussehen ihrer
Oberfläche erheblich verändern. Das Ergebnis ist für die Analyse von Asteroidenbeobachtungen von großer Bedeutung.

Asteroiden
altern schneller als bislang angenommen.
Bild: ESO / M. Martins [Großansicht] |
"Asteroiden scheinen sehr schnell 'Sonnenbräune' zu bekommen",
fasst Pierre Vernazza von der ESA und Hauptautor des jetzt in Nature
erschienenen Artikels die Ergebnisse der Studie zusammen. "Allerdings nicht, wie
wir Menschen, von einer Überdosis ultravioletter Sonnenstrahlung, sondern durch
die Folgen des kraftvollen Sonnenwindes."
Dass sich die Oberfläche von
Asteroiden im Laufe der Zeit ändert, war den Astronomen schon seit längerem
bekannt: Deutlich wird dies beispielsweise daran, dass beobachtete Asteroiden
röter erscheinen, als es das Innere von auf die Erde gefallenen
Meteoriten, also Bruchstücken von Asteroiden, ist.
Doch wie sich diese Alterungsprozesse genau abspielen und in welcher
Geschwindigkeit sie ablaufen, war den Astronomen nicht klar. Neue Beobachtungen
mit dem New Technology Telescope der ESO in La Silla, dem Very Large Telescope
auf dem Gipfel des Paranal und weiteren Teleskopen in Spanien und auf Hawaii
lieferten dazu nun neue Erkenntnisse: Wenn Asteroiden kollidieren und dadurch in mehrere Teile auseinanderbrechen entstehen eine ganze Reihe
"frischer" Oberflächen. Diese neuen Oberflächen, so die Analyse der Forscher,
altern äußert schnell und verändern ihre Farbe in weniger als einer Millionen
Jahre. Dies ist eine enorm kurze Zeitspanne angesichts des Alters des
Sonnensystems von rund 4,5 Milliarden Jahren.
"Die geladenen und sehr schnellen Partikel des Sonnenwindes zerstören die
Oberfläche des Asteroiden mit einer beindruckenden Geschwindigkeit", erklärt
Vernazza. Durch das Teilchenbombardement werden die Mineralien auf der
Oberfläche des Asteroiden verändert, so dass neue Stoffe entstehen und sich
daraus eine dünne Kruste mit einer neuen Farbe und Zusammensetzung bildet. Dabei
finden die deutlichsten Veränderungen bereits innerhalb der ersten Millionen
Jahre statt.
Die Wissenschaftler haben sich auch verschiedene Asteroidenfamilien angesehen
und festgestellt, dass die Zusammensetzung eines Asteroiden eine entscheidende
Rolle dabei spielt, wie rot er schließlich werden kann. Zu Asteroidenfamilien
fasst man mehrere Asteroiden zusammen, die auf einer ähnlichen Umlaufbahn um die
Sonne kreisen und vermutlich alle durch das Zerbrechen eines größeren Asteroiden
nach einer Kollision entstanden sind.
Nach der ersten Millionen Jahre verändert sich die Oberfläche deutlich
langsamer und die Farbe des Asteroiden hängt mehr von der
Zusammensetzung des Brockens als von seinem Alter ab. Eine Folge der Analyse ist auch,
dass Kollisionen allein offenbar nicht die große Zahl von Asteroiden mit "frischen"
Oberflächen erklären können, die man unter den erdnahen Asteroiden gefunden hat.
Diese unberührten Oberflächen dürften eher die Folge von engen Begegnungen mit
Planeten sein, bei denen die Asteroiden durch die Anziehungskraft des Planeten
kräftig "durchgeschüttelt" wurden und dadurch frisches Material an die
Oberfläche gelangt ist.
Die Wissenschaftler hoffen, dass man durch die neue Untersuchung künftig
zuverlässiger aus der Beobachtung der Oberfläche auf die Geschichte eines
Asteroiden schließen kann.
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