Solare Eruptionen lassen Sonne erbeben
von Stefan Deiters astronews.com
23. April 2008
Daten der Sonnensonde SOHO haben jetzt einen für die
Sonnenforscher zunächst unerwarteten Zusammenhang ans Licht gebracht: Gewaltige
solare Eruptionen lassen offenbar den gesamten Stern erbeben. Der Fund liefert
einen wichtigen Baustein zum Verständnis unseres Zentralgestirns und könnte auch
helfen weiter entfernte Sterne zu studieren.

Eruptionen können für Oszillationen auf der Sonne sorgen.
Bild:
SOHO / EIT (ESA&NASA)
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Der äußere Bereich der Sonne ist eine turbulente, sich ständig
umwälzende Region aus heißem Gas. Turbulenzen, die an einer Stelle entstehen,
können hier als kleine Kräuselungen über die Sonnenoberfläche wandern. Die von
NASA und ESA gemeinsam betriebene Sonnensonde SOHO hat sich in den vergangenen
Jahren als ein sehr leistungsfähiges Instrument zum Studium dieser Phänomene
erwiesen. Verfolgt man nämlich, wie sich die kleinen Wellen auf der
Sonnenoberfläche fortbewegen, kann man einiges über das Innere der Sonne lernen.
Als besonders interessant erwiesen sich dabei die sogenannten
"Fünf-Minuten-Oszillationen", die eine Frequenz von etwa drei Millihertz haben.
Bislang haben die Forscher diese Oszillationen mit den Geräuschen verglichen,
die man von einer Glocke erhalten würde, die sich inmitten einer Wüste befindet
und ständig von zufällig vorbeifliegenden Sandkörnern zum Schwingen gebracht
wird. Was allerdings Christoffer Karoff und Hans Kjeldsen von der Universität im
dänischen Aarhus in den SOHO-Daten erblickten, sah ganz anders aus.
"Das Signal, das wir sahen, ähnelte mehr dem Szenario, dass irgendjemand
gelegentlich zur Glocke hingeht und sie läutet", erklärt Karoff. "Das deutete
darauf hin, dass in unserer Theorie noch irgendetwas fehlt." Die Forscher
begannen also mit der Suche nach dem Schuldigen und fanden ihn an unerwarteter
Stelle: Sie entdeckten, dass wenn die Zahl der solaren Eruptionen zunahm, auch
die Fünf-Minuten-Oszillationen "lauter" werden. "Die Übereinstimmung ist so
groß, dass es eigentlich keinen Zweifel an einem Zusammenhang geben kann."
Die Idee, dass es durch solare Eruptionen zu globalen Oszillationen kommen
könnte, stammt bereits aus den 1970er Jahren. Ein ähnliches Phänomen kennt man
nämlich auch von der Erde: Nach starken Erdbeben laufen noch für mehrere Woche
seismische Wellen um die Erde. Doch der aktuelle Fund auf der Sonne wirft gleich
neue Fragen auf: Den Forschern ist nämlich noch unklar, wie die Eruptionen
eigentlich die Oszillationen erzeugen können. "Wir sind uns da noch nicht ganz
sicher", so Karoff.
Die Entdeckung könnte auch einen Weg eröffnen, auf anderen Sternen nach
Eruptionen zu suchen - einfach indem man nach den typischen Oszillationen
fahndet. Karoff hat dieses Verfahren schon mit bodengestützten Teleskopen bei
einigen anderen sonnenähnlichen Sternen angewandt und hier Oszillationen
entdeckt, die von Eruptionen herrühren könnten. "Nun müssen wir diese Sterne für
einige Hundert Tage beobachten", erläutert er. Dazu benötigt man aber ein
Raumsonde, wie etwa COROT. Die Arbeit der Wissenschaftler hat also gerade erst
begonnen.
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