Schattenspiele eisiger Wolken
von Stefan Deiters astronews.com
17. Januar 2008
Der Mars gilt vielen als trockener Wüstenplanet. Trotzdem
sollten sich, wie neue Daten der europäischen Marssonde Mars Express
zeigen, künftige Astronauten auf dem Mars nicht wundern, wenn sie plötzlich
Wolken am rötlichen Marshimmel sehen. Die Wolken in großer Höhe können sogar so
dicht sein, dass sie deutlich sichtbare Schatten werfen.
Eine Wolke aus
Kohlendioxid-Eis wirft einen Schatten auf die
Marsoberfläche.
Bild: ESA / OMEGA-Team |
Wolken würde wohl zunächst niemand auf dem roten und trockenen
Planeten Mars erwarten, es sei denn es handelte sich um Staubwolken. Doch Wolken
aus Wassereispartikeln kommen durchaus vor, etwa an den Abhängen der riesigen
Marsvulkane. Außerdem gab es immer wieder Hinweise darauf, dass es in weit
größerer Höhe zudem noch Wolken aus Kohlendioxid-Eis geben könnte. Verwunderlich
wäre dies nicht, besteht doch die dünne Marsatmosphäre zum größten Teil aus
Kohlendioxid. Die Temperatur fällt zudem oft genug unter den Gefrierpunkt des
Gases.
Jetzt hat ein französisches Wissenschaftlerteam den Beweis gefunden, dass es
diese Trockeneis-Wolken tatsächlich gibt und dass sie teilweise so groß und
dicht werden können, dass sie auf der Marsoberfläche einen deutlichen Schatten
werfen. "Es ist das erste Mal, dass Kohlendioxideis-Wolken auf dem Mars von
einer Sonde identifiziert und aufgenommen wurden", erklärt Franck Montmessin vom
Service d'Aeronomie der Universität in Versailles. "Das ist wichtig, da
wir so nicht nur etwas über das Aussehen der Wolken erfahren, sondern auch über
ihre Größe und Dichte."
Nach früheren indirekt ermittelten Informationen über diese Wolken, sollten
sie nicht sonderlich dick sein und aus relativ kleinen Partikeln bestehen. Die
neuen Daten des OMEGA Visible and Infrared Mineralogical Mapping
Spectrometer an Bord von Mars Express zeichnen nun ein anderes
Bild: Die Wolken, die die Forscher in rund 80 Kilometern Höhe entdeckten, können
sich über mehrere Hundert Kilometer erstrecken und waren deutlich dicker als
erwartet. Sie sehen damit nicht wie Eiswolken auf der Erde, sondern mehr wie
ganz konventionelle Wolken aus.
Außerdem stellte sich heraus, dass die jetzt entdeckten Wolken aus deutlich
dickeren Partikeln bestehen als gedacht und sogar so dick sind, dass sie einen
deutlichen Schatten auf der Marsoberfläche werfen. Die Forscher hatten nicht
erwartet, dass sich Partikel in der jetzt nachgewiesenen Größe in dieser Höhe
bilden oder hier längere Zeit bleiben können. Sie sollten eigentlich relativ
schnell zur Oberfläche zurückfallen.
"Die Wolken, die wir mit OMEGA aufgenommen haben, können die Helligkeit der
Sonne um bis zu 40 Prozent reduzieren", erläutert Montmessin die weitere
Bedeutung des Fundes. "Das bedeutet, dass ein recht dunkler Schatten entsteht,
der auch zu einer Verringerung der Temperatur am Boden führen wird." Die
Forscher erwarten, dass die Temperatur im Schatten einer solchen Wolke etwa zehn
Grad unter der Temperatur in der Umgebung liegt. "Das kann das lokale
Wettergeschehen, insbesondere die Winde, beeinflussen."
Die Kohlendioxid-Wolken wurden vor allem in der Äquatorregion des Mars
gefunden. Ihre unerwartete Form und Partikelgröße führen die Wissenschaftler
daher auf die erheblichen täglichen Temperaturschwankungen am Marsäquator
zurück. Durch kalte Temperaturen in der Nacht und hohe Temperaturen am Tag
könnte es zu großräumigen Umschichtungen in der Atmosphäre kommen, insbesondere
wenn die Sonne morgens die Oberfläche erwärmt.
An was für Teilchen das Kohlendioxid-Eis in großer Höhe kondensiert, wissen
die Forscher noch nicht. Auf der Erde dienen Salz oder Staub als
Kondensationskeime. Auf dem Mars käme Marsstaub in Frage, der dazu in diese
Höhen transportiert werden müsste oder aber der Staub von winzigen Meteoriten,
die in die obere Marsatmosphäre eindringen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass
es sich bei den Kondensationskeimen auch um winzige Wassereiskristalle handelt.
"Die Entdeckung ist wichtig für Überlegungen über das frühere Klima auf dem
Mars", so Montmessin. "Der Planet war vermutlich früher deutlich wärmer und es
gibt eine Theorie, nach der der Mars von einer Kohlendioxid-Wolkendecke
überzogen war. Unsere jetzigen Untersuchungen können dazu beitragen, besser zu
verstehen, welche Rolle solche hohen Wolken bei der globalen Erwärmung des Mars
gespielt haben."
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
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