Eine Galaxie für den Kommissar
von Stefan Deiters astronews.com
13. November 2007
Wenn der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez
Potočnik das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte
(ESO) in Chile besucht, darf er den Astronomen natürlich auch bei ihrer Arbeit
über die Schulter schauen. Als der Politiker das Paranal-Observatorium besuchte,
wurde mit dem VLT gerade die Galaxie NGC 134 anvisiert, die unserer Milchstraße
in mancherlei Hinsicht ähnlich ist.
Der EU-Kommissar hatte das Very Large Telescope der ESO
auf dem Gipfel des Paranal am 27. Oktober besucht und konnte während seines
Aufenthalts die Beobachtungen der Astronomen am VLT-Teleskop Antu mit
dem Instrument FORS verfolgen. Die Wissenschaftler hatten die Galaxie NGC 134
anvisiert, eine noch wenig untersuchte Galaxie in rund 60 Millionen Lichtjahren Entfernung.
Wie unsere Milchstraße handelt es sich bei NGC 134 um eine
Balken-Spiralgalaxie, bei der sich um einen hellen Balken-förmigen Kern die Spiralarme
winden.
Bemerkenswert an NGC 134 ist ihre "verbogene" Scheibe: Die Scheibe der
Galaxie wäre exakt von der Seite betrachtet nicht gerade, sondern würde eine
Wölbung zeigen. Diese verbogenen Scheiben sind nichts Ungewöhnliches bei
Spiralgalaxien, auch die Scheibe unserer Milchstraße hat eine leichte Wölbung.
Woher diese Wölbungen stammen, ist den Astronomen noch nicht ganz klar.
Viele vermuten, dass eine Kollision, eine Verschmelzung oder der dichte
Vorüberflug einer anderen Galaxie für dieses Phänomen verantwortlich sein
könnte. Dabei könnte auch Material aus der Galaxie herausgerissen werden, das
sich dann als Schweif oder langer Gezeitenarm zeigt. Auf dem VLT-Bild von NGC
134 glaubt man auch, einen solchen Schweif am oberen Ende der Scheibe erkennen
zu können. Ob NGC 134 tatsächlich in ihrer Vergangenheit mit einer anderen
Galaxie kollidiert ist oder ob nur eine andere Galaxie an NGC 134 "zieht" ist
den Astronomen bislang noch ein Rätsel.
Gut erkennbar auf der VLT-Aufnahme sind auch Bereiche in den Spiralarmen mit
ionisiertem Wasserstoffgas, sogenannte HII-Regionen. Auf dem Bild sind sie als
rot leuchtende Wolken zu erkennen. Hier entstehen gerade neue Sterne. Gut zu
sehen sind auch dunkle Staubschwaden, die Teile des Lichts der Galaxie
verdecken. Für die Astronomen ist das Studium von NGC 134 eine gute Möglichkeit
auch mehr über unsere Milchstraße zu erfahren.
NGC 134 wurde von Sir John Herschel am Kap der guten Hoffnung entdeckt und
liegt im südlichen Sternbild Bildhauer. Sie gehört zu den 200 hellsten Galaxien
am Himmel und ist das dominierende Mitglied einer kleinen Galaxiengruppe, die
wie unsere Lokale Galaxiengruppe, die Lokale Gruppe, zum Virgo-Superhaufen,
unserem lokalen Superhaufen gehört.
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