Tharsis-Vulkane gar nicht erloschen?
von Stefan Deiters astronews.com
22. Oktober 2007
Der Mars erscheint auf allen Bildern als lebensfeindlicher,
trockener Planet. Daran ändern auch die vielen Spuren von Wasser nichts, die
überall gefunden wurden. Die feuchten und warmen und damit lebensfreundlicheren
Zeiten scheinen lange vorüber zu sein. Doch könnten sich die Bedingungen ändern?
Amerikanische Forscher glauben, dass einige Marsvulkane nicht wirklich erloschen
sind, sondern nur schlafen. Ein Ausbruch könnte weitreichende Folgen haben.
Reliefbild des
Mars. Zu sehen sind die drei Tharsis-Vulkane
sowie Olympus Mons oben links.
Bild: NASA [Großansicht] |
Die neuen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Mars
eventuell von innen wieder "erwachen" könnte. Die Ansicht, dass er dabei gleich
von einer lebensfeindlichen zu einer lebensfreundlichen Welt wird, dürfte eher
der PR-Abteilung der amerikanischen Weltraumbehörde NASA entstammen, die immer
bemüht ist, der Öffentlichkeit die Ausgaben für die Marsprogramme schmackhaft zu
machen. Doch so viel steht fest: Bei Vulkanausbrüchen geraten jede Menge an
Treibhausgasen in die Atmosphäre und längere vulkanische Phasen könnten das
Klima auf dem Mars deutlich beeinflussen.
Doch wieso vermuten die Wissenschaftler überhaupt, dass zumindest einige
Marsvulkane nicht erloschen sind, sondern nur schlafen? Zu dem Ergebnis
gelangten die Forscher durch einen Vergleich von Spuren von Magmaflüssen auf dem
Mars mit denen, die rund um die Vulkane auf Hawaii zu sehen sind. "Die
Inselkette von Hawaii ist dadurch entstanden, dass die Erdkruste über einen
Hot Spot, also eine Stelle, an der heißes Magma aus dem Erdinneren nach
oben gelangt, gewandert ist", erläutert Jacob Bleacher von der Arizona State
University und dem Goddard Space Flight Center der NASA. "Unsere
Arbeit zeigt, dass auf dem Mars eventuell der umgekehrte Fall zu beobachten ist:
Eventuell wandert diese Stelle, wo heißes Magma nach oben steigt, unter der
festen Marskruste entlang."
Stimmt die Theorie könnten drei Vulkane in der Tharsis Region des Mars nicht
wirklich erloschen sein: Verglichen mit Vulkanen auf der Erde, ist jeder dieser
drei Vulkane riesig: Ihr Durchmesser beträgt jeweils rund 300 Kilometer und sie
liegen aufgereiht in einer Reihe - vom Arsia Mons südlich des Marsäquators über
den Pavonis Mons am Marsäquator und dem Ascraeus Mons rund zehn Grad nördlich
davon. Ausbrüche wurden hier noch nicht entdeckt, allerdings finden sich in der
Region kaum größere Einschlagkrater, so dass die letzten Ausbrüche nicht allzu
lange in der Marsgeschichte zurückliegen dürften.
Die Wissenschaftler haben sich Flussspuren von Lava auf Hawaii angeschaut, wo
die jungen Vulkane im Südosten der Hauptinsel direkt über dem Hot Spot liegen,
damit auch die heißeste Lava haben und durch längere Ausbrüche längere
Lavakanäle hinterlassen. Wandert die Erdkruste weiter und entfernen sich die
Vulkaneschlote vom Hot spot, muss das Magma einen längeren Weg zurücklegen, wird
kälter und sorgt für einen langsameren Lavafluss. Dies führt wiederum zu anderen
zurückbleibenden Spuren auf der Oberfläche.
"Wir dachten, wir könnten das was wir über Lavaflüsse auf Hawaii gelernt
haben, auch auf die Marsvulkane anwenden, um so mehr über ihre Geschichte zu
erfahren", erzählt Bleacher. "Das Problem war allerdings, dass die Bildqualität
bislang nicht ausreichte, um die wichtigen Strukturen auch zu erkennen. Erst die
Daten der jüngsten Missionen wie Mars Odyssey, Mars Global Surveyor
oder Mars Express haben diese Analyse möglich gemacht."
Die Auswertung der Bilder und Daten dieser Missionen ergab, dass offenbar
alle drei Vulkane über vergleichbare Lavaspuren verfügen, die des nördlichsten
Vulkans Ascraeus Mons allerdings darauf hindeuten, dass sie etwas jünger sind
als die der anderen. Der südlichste Vulkan Arsia Mons scheint hingegen die
ältesten Aktivitätsspuren aufzuweisen. Es sieht also ganz danach aus, als hätten
die Ausbrüche im Süden begonnen und wären dann langsam nach Norden gewandert.
Da es keine Hinweise auf Plattentektonik auf dem Mars gibt, vermuten die
Wissenschaftler, dass sich entweder die Stelle, wo das heiße Magma aus dem
Planeteninneren noch oben strömt, unter der Oberfläche bewegt hat oder aber
die Stelle doch stationär ist, sich aber auffächert, wenn sie sich der
Oberfläche nähert - ganz wie Rauch, der auf eine Zimmerdecke trifft. "Mit
unseren Indizien können wir nicht entscheiden, welches Szenario stimmt, aber
eine Möglichkeit das Beobachtete zu erklären ist, dass sich die Stelle, wo das
Magma noch oben gelangt, bewegt", so Bleacher.
Die Wissenschaftler machten noch eine weitere Entdeckung: Sie fanden bei
keiner der drei Vulkane Spuren einer bestimmten Eruption, die jeweils am Ende
der Aktivität von Hot Spot-Vulkanen steht. Das könnte darauf hindeuten,
dass die Vulkane nur schlafen, aber nicht wirklich erloschen sind. Sollte es zu
weiteren Ausbrüchen kommen und diese langanhaltend genug sein, könnte sich auf
diese Weise die Zusammensetzung der Marsatmosphäre merklich verändern.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des
Roten Planeten
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