Neutronenstern mit
Röntgen-Jet
von Stefan Deiters astronews.com
28. Juni 2007
Mit Hilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra wurde
jetzt ein Röntgen-Jet aufgespürt, der von einem Neutronenstern in einem
Doppelsternsystem ausgeht. Den Jet, der aus Teilchen besteht, die sich nahezu
mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, entdeckten Astronomen bei Circinus X-1 in
20.000 Lichtjahren Entfernung. Durch die Entdeckung hoffen die Forscher, die
Entstehung dieser gebündelten Teilchenstrahlen besser zu verstehen.

Chandras Blick auf Circinus X-1.
Bild: NASA / CXC / Univ. of Wisconsin-Madison / S.Heintz et al.

So stellt sich ein Künstler das System in
20.000 Lichtjahren Entfernung vor.
Bild: NASA / CXC /
M. Weiss |
Jets sind im Universum ein relativ häufig anzutreffendes Phänomen.
Man findet sie bei Schwarzen Löchern aller Größenklassen, bei Neutronensternen,
bei jungen Sternen
und - wie unlängst berichtet - auch bei Braunen Zwergen.
Unterscheiden tun sich die Jets - also gebündelte Partikelströme, die von einem
Objekt ins All schießen - durch ihre Geschwindigkeit: Von Schwarzen Löchern gehen
oft sogenannte relativistische Jets aus, also Jets deren Material sich fast mit
Lichtgeschwindigkeit bewegt. Jets von jungen Sternen dagegen sind wesentlich langsamer.
Circinus X-1 ist der erste ausgedehnte Röntgen-Jet, der mit einem
Doppelsternsystem aus einem Neutronenstern und einem massereichen Stern in
Verbindung steht. Durch die Anziehungskraft des Neutronensterns wird ständig
Material von dem massereichen Begleiter abgezogen. Die Entdeckung des Jets ist für Astronomen ein Hinweis darauf, dass es für
die Entstehung eines solchen Jets nicht der Eigentümlichkeiten eines Schwarzen
Lochs - wie etwa einen Ereignishorizont oder das Fehlen einer wirklichen
Oberfläche - bedarf. "Gravitation scheint das entscheidende Element zu sein,
nicht irgendein Trick mit dem Ereignishorizont", so Sebastian Heinz von der
University of Wisconsin in Madison.
Die Forscher vermuten, dass ein großer Teil der Energie, die durch auf den
Neutronenstern einfallendes Material zur Verfügung steht, zum Antrieb des Jets
verwendet wird. "Wenn man die Energieeffizienz im Universum betrachtet, scheinen
nach unseren Ergebnissen Neutronensterne ganz oben auf der Liste zu stehen", so
Norbert Schulz vom Massachusetts Institute of Technology. "Dieser Jet ist fast
so effizient wie ein Jet von einem Schwarzen Loch."
Die neuen Chandra-Beobachtungen helfen den Wissenschaftlern auch, die zuvor
beobachteten Radioemissionen rund um Circinus X-1 besser zu verstehen. Nach
Ansicht der Wissenschaftler sind die Röntgenjets stark genug, um eben diese
Wolken aus Radiostrahlen aussendendem Gas zu erzeugen und auch zu erhalten. "Wir
kennen enorme Radiowolken um supermassereiche Schwarze Löcher im Zentrum von
Galaxien", erläutert Heinz. "Hier haben wir eine Taschenversion davon, die nicht
von einem Schwarzen Loch, sondern von einem Neutronenstern angetrieben wird."
Auf die Existenz des Röntgenjets schlossen die Astronomen aus zwei
ausgedehnten Strukturen in den Chandra-Daten, die sie als äußere Grenzen eines
ausgedehnten Jets interpretieren. Diese Erklärung deckt sich mit entsprechenden
Beobachtungen im Radiobereich. Eine andere Erklärung wäre, dass es sich um
Spuren von zwei Jets handelt, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind.
Der Neutronenstern müsste für diese Erklärung eine Taumelbewegung durchführen
und dadurch seinen Jet zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedene Richtungen ins All
schießen.
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