Die Arme der Kasei-Täler
Redaktion / DLR
astronews.com
5. September 2006
Die jetzt veröffentlichten Bilder der vom DLR
betriebenen, hochauflösenden Stereokamera (HRSC) auf der ESA-Sonde Mars
Express zeigen zwei Hauptarme der Kasei Valles, einem großen Talsystem, das
sich aus der Hochlandregion Lunae Planum bis zur Chryse-Tiefebene erstreckt.
Kasei ist das japanische Wort für den Planeten Mars.
Die Kasei Valles bilden eines der
größten Ausflusstalsysteme auf dem Mars.
Nördlicher Arm von Kasei Valles und die Ebene
Sacra Mensa. Foto: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht]
Ansicht des südlichen Arms von Kasei Valles neben Sacra Mensa
mit ihrem ein bis zwei Kilometer tiefen Grabensystem Sacra
Fossae, Norden ist rechts. An beiden Seitenhängen des Talarms
sind bis zu 30 Kilometer breite Terrassen erkennbar. Foto:
ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Wahrscheinlich wurden die Täler durch gigantische Flutereignisse geformt.
Allerdings scheint auch die
erodierende Kraft von Gletschern ihre
Spuren im Talgrund und an den
seitlichen Hängen hinterlassen zu
haben. Auffallend ist der glatte, ebene
Boden in diesen beiden Talarmen des
Kasei, die durch die mehrere hundert
Kilometer lange "Insel" Sacra Mensa
voneinander getrennt sind.
Dieser
stromlinienförmig umflossene, mehrere
hundert Kilometer lange Tafelberg
widerstand der Abtragung durch die
Fluten, die sich wahrscheinlich einst mit
großer Energie durch diese Täler
wälzten.
Das Haupttal von Kasei erreicht eine Breite von etwa 500 Kilometern und
erstreckt sich zusammen mit seinen Anfängen in Echus Chasma über eine Länge
von ungefähr 2.500 Kilometern durch das Marshochland. Die in
den Abbildungen gezeigten Talarme erreichen dort – wenige hundert Kilometer
vor ihrer Mündung in die Chryse-Ebene – eine Tiefe von etwa 2.900 Metern.
Ein Bild zeigt den nördlichen Arm von Kasei Valles und die südlich daran angrenzende Hochebene Sacra Mensa.
Mit
einer markanten Geländekante durchtrennt der Talarm das fast topfebene
Hochland. Auf Sacra Mensa sind einige größere Einschlagkrater zu sehen, was
darauf hindeutet, dass die Oberfläche sehr alt ist. Außerdem erkennt man ein
Muster von Rissen: kleinere, flache Täler, die entweder auf tektonische
Spannungen in der Marskruste oder eingestürzte Hohlräume im Untergrund
zurückzuführen sind.
Am westlichen Rand der Szene fällt eine etwa 30 Kilometer lange und 10
Kilometer breite ovale Struktur auf, die sich zur einen Hälfte in Sacra Mensa
und
zur anderen Hälfte in die terrassierte Talausbuchtung erstreckt. Wahrscheinlich
wurde diese Vertiefung von einem Meteoriten verursacht, der unter einem flachen
Winkel in die Oberfläche einschlug.
Das zweite Bild zeigt den Arm von Kasei Valles, der Sacra
Mensa im Süden umfließt. Die ein bis zwei Kilometer tiefen Furchen des
Grabensystems Sacra Fossae sind hier eines der auffallendsten
Geländemerkmale. An beiden Seitenhängen des Talarms bildeten sich bis zu 30
Kilometer breite Terrassen. Auffallend sind einige gewundene Täler, die sich in
die Terrasse am südlichen Talrand hineingeschnitten haben.
Die Kasei Valles bilden die Verbindung zwischen der südlich gelegenen Talenge
Echus Chasma und der Tiefebene Chryse Planitia im Nordosten. Dort befinden
sich auch die Landestellen der Marssonden Viking 1 und von Mars Pathfinder.
Vor 30 Jahren, am 20. Juli 1976, war Viking 1 das erste komplexe Landegerät,
das auf unserem Nachbarplaneten aufsetzte; wenig später, am 3. September
1976, landete die Schwestersonde Viking 2 in der Utopia-Ebene.
Obwohl die Viking-Sonden nur für 90 Tage
ausgelegt waren, übertrugen sie sechs (Viking 1)
bzw. vier (Viking 2) Jahre lang Fotos und
Messdaten zur Erde.
Zwanzig Jahre später wurde
auch der mobile, schuhkartongroße Mars Pathfinder in die Chryse-Ebene entsendet und
landete am 4. Juli 1997 nahe der Mündung der
Täler Ares und Tiu. Die Suche nach den Spuren
von Wasser, eines der wichtigsten Ziele der
Marsforschung, erschien an diesen Stellen
besonders Erfolg versprechend. Die Bilddaten wurden am 26. Februar 2005 in Orbit 1429 aufgenommen und
zeigen zwei Ausschnitte zwischen 22 Grad und 28 Grad nördlicher Breite bzw.
291 Grad und 294 Grad östlicher Länge. Die Auflösung beträgt 29 Meter pro
Bildpunkt.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin) geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45
Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera wurde am
Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit
industriellen Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof
in Zusammenarbeit mit ESA/ESOC betrieben.
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