Tödliche Staubstürme
von Stefan
Deiters
astronews.com
2. August 2006
Regelmäßig wird der Mars von gewaltigen Stürmen in einen
roten Staubschleier gehüllt. Und diese Stürme, so ergaben jetzt zwei Studien,
könnten dramatische Folgen haben. Durch sie könnte nämlich der Boden mit Stoffen
angereichert werden, die für alles uns bekannte Leben tödlich sind.

Entsteht durch die Sandstürme auf dem Mars
Wasserstoffperoxyd? Bild:
NASA |
Ob es Leben auf dem Mars gab oder vielleicht noch gibt, wurde bis heute nicht
eindeutig geklärt. Doch nach Aussage von zwei neuen Studien müssten potentielle
Organismen auf dem Roten Planeten deutlich lebensfeindlichere Bedingungen
aushalten, als bislang bekannt war. Durch eine Kombination aus Feldforschung auf
der Erde, Laborexperimenten sowie theoretischen Modellen glauben Forscher von
der University of California in Berkeley, dass durch statische
elektrische Aufladungen, die durch die regelmäßigen Staubstürme auf dem
Mars entstehen, sehr reaktionsfreudige Stoffe entstehen können.
Wenn sich diese
im Laufe der letzten drei Milliarden Jahre, in denen die Bedingungen auf dem
Mars ähnlich trocken und staubig gewesen sein dürften, im Boden angereichert
haben, könnten diese Stoffe in so hoher Konzentration vorhanden sein, dass sie
für uns bekanntes Leben tödlich wären.
"Wenn sich unsere Funde bestätigen, könnte das die Interpretation der
Bodenanalysen der Viking-Sonden aus den 70er Jahren stark beeinflussen",
erklärt Gregory T. Delroy. Die Viking-Sonden sollten unter anderem nach
Organismen im Marsboden fahnden, in dem sie Nährstoffe und Wasser auf den
Marsboden träufelten und dann nach Gasentwicklung suchten, die vorhandene
Organismen verraten könnte.
Die Ergebnisse waren nicht schlüssig, da nur kurze Zeit eine Gasentstehung
beobachtet wurde und andere Instrumente keine Spuren organischer Materialien
fanden. Delroy meint nun, dass die Resultate von damals eher auf eine chemische
Reaktion hindeuten als auf das Vorhandensein von Leben. "Es ist noch nicht klar,
ob es Leben auf dem Mars gibt", so Delroy, "sicher ist aber, dass der Boden des
Mars chemisch sehr reaktionsfreudig ist. Das könnte auch zu starker Korrosion an
Ausrüstungsgegenständen führen, was Auswirkungen für menschliche Marsbesucher
hätte. Alles in allem würden die hohe UV-Strahlung, die niedrigen Temperaturen,
das Fehlen von Wasser und die aggressiven Stoffe im Boden es sehr schwer für
eine Mikrobe machen, dort zu überleben."
Nach der Untersuchung von Delroy und seinen Kollegen können in den Wirbelstürmen
auf dem Mars elektrische Felder entstehen, durch die Kohlendioxid und
Wassermoleküle gespalten werden und sich als Wasserstoffperoxyd oder als
kompliziertere Superoxyde wieder zusammensetzen. Alle diese Oxyde sind extrem
reaktionsfreudig und zerstören andere Moleküle - darunter auch organische, die
mit Leben in Verbindung gebracht werden.
In einer weiteren Untersuchung, an der Delroy auch beteiligt ist, zeigen die
Wissenschaftler, dass diese Oxyde in Bodennähe so eine Konzentration erreichen
können, dass sie sogar als Schnee niedergehen würden und so in die
Marsoberfläche eindringen.
Delroy hat mit seinen Kollegen kleine Wirbelstürme im Südwesten der USA
untersucht, um herauszufinden, wie elektrische Felder in ihnen entstehen können
und wie diese Felder die Moleküle in der Luft beeinflussen. Ein besonderes
Interesse galt dabei Molekülen, die sich auch in der dünnen Luft des Mars
befinden. Mit Modellen aus der Plasmaphysik untersuchten sie dann, wie sich
Staubpartikel während eines Sturms aufladen können. Zwar gibt es bislang keine
Hinweise auf Blitzentladungen auf dem Mars, doch glauben die Wissenschaftler,
dass durch die geladenen Teilchen Elektronen so beschleunigt werden könnten,
dass sie Moleküle spalten könnten.
Wasserdampf und Kohlendioxid sind die häufigsten Moleküle in der Marsatmosphäre,
so dass sich am wahrscheinlichsten Wasserstoff, Hydroxyl sowie Kohlenmonoxid
bilden würden. Ein Produkt, was daraus entstehen kann, ist Wasserstoffperoxyd (H2O2),
das bei hoher Konzentration fest werden und sich auf dem Boden niederschlagen
kann. So könnte dieses Wasserstoffperoxyd für die Messungen der Viking-Sonden
verantwortlich gewesen sein.
Ob die Forscher recht haben, könnte man mit entsprechenden Detektoren auf einem
der nächsten Marsrover oder Lander klären.
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Mission Mars - die
astronews.com Berichterstattung über die Erforschung des roten
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