Nanedi Valles im Xanthe-Hochland
Redaktion / DLR
astronews.com
2. Mai 2006
Unlängst veröffentlichte Bilder der vom Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen, hochauflösenden Stereokamera (HRSC)
auf der ESA-Sonde Mars Express zeigen einen Teil der Region von Nanedi
Valles auf dem Mars. Nanedi Valles ist ein Talsystem, das sich auf einer Länge
von ungefähr 800 Kilometern in nordöstlicher Richtung durch Xanthe Terra
erstreckt, eine von zahlreichen Einschlagkratern geprägte Hochlandregion
südöstlich der Chryse-Ebene.

Das Talsystem Nanedi Valles im Xanthe-Hochland.
Norden ist rechts. Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum). [Gesamtansicht] |
Innerhalb des jetzt veröffentlichten Farbbildes schwankt die Breite der Täler
zwischen 800 Meter und 5 Kilometer, die Tiefe beträgt bis zu 500 Meter. Die
Täler besitzen einen relativ flachen Boden und werden durch steile Hänge an den
Seiten begrenzt, von denen an manchen Stellen Material abgerutscht ist und im
Talgrund fächerartig abgelagert wurde. Auffallend sind die markanten Windungen
der Nanedi Valles in diesem Abschnitt, die Täler bilden so genannte "Mäander".
Im Norden (ganz rechts am Bildrand) vereinigen sich zwei Äste des Talsystems.
Auffallend ist auch das Fehlen ausgeprägter Seitenzuflüsse.
Der Ursprung dieser bemerkenswerten Oberflächenform ist nach wie vor umstritten.
Einige Wissenschaftler vermuten, dass die Täler vorwiegend durch so genanntes "Sapping"
entstanden sein könnten. Sapping ist der englische Fachbegriff für
rückschreitende Erosion durch Grundwasseraustritt. Einen Hinweis darauf liefern
halbkeisförmige Talanfänge, die auch bei den wenigen Seitentälern zu erkennen
sind. Ein weiterer Hinweis auf Grundwasserprozesse ist das Fehlen eines
dendritischen Musters des Abflusssystems, bei dem sich kleine Tälchen zu immer
größer werdenden Tälern vereinigen - typisch für oberflächlichen Abfluss infolge
von Niederschlägen.
Andere Forscher schlugen als Interpretation vor, dass die Kanäle durch
fließendes Wasser erodiert wurden, das unterhalb einer früheren Eisdecke
geflossen sein könnte. Auch der Kollaps der Oberfläche durch Abfluss von Wasser
unter der Oberfläche und dadurch entstehende Hohlräume werden diskutiert.
Welches Szenario auch immer zutrifft, die Täler wurden mit großer
Wahrscheinlichkeit durch einen kontinuierlich fließenden Strom geschaffen. Es
ist jedoch nach wie vor unklar, wie lange und wie oft Wasser über die Oberfläche
geflossen ist.
Die Untersuchung von Gebieten wie Nanedi Valles ermöglicht es, die geologische
und klimatische Entwicklung des Mars besser zu verstehen. Bei der Betrachtung
von komplexen Talsystemen wie den Nanedi Valles kann insbesondere die Rolle, die
fließendes Wasser einstmals auf dem heute trockenen Planeten Mars gespielt haben
mag, analysiert werden. Die HRSC liefert von diesen wichtigen Gebieten neue
Bilddaten. Die Farb- und Stereofähigkeit der Kamera erlauben es zudem,
Rückschlüsse auf die Landschaftsentwicklung zu ziehen. Die Untersuchung des
reflektierten Sonnenlichts bei unterschiedlichen Wellenlängen ermöglicht es, die
einzelnen geologischen Einheiten innerhalb einer Bildszene besser zu
unterscheiden.
Mars Express zeichnete im Orbit 905 Bilddaten von einem Teil der Region
von Nanedi Valles mit einer Auflösung 18 Meter pro Pixel auf. Die Abbildungen
zeigen hiervon einen Ausschnitt bei 6 Grad nördlicher Breite und 312 Grad
östlicher Länge. "Nanedi" ist in Sesotho, der Sprache des südafrikanischen
Landes Lesotho, das Wort für Planet.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin) geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45
Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera wurde am
Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit
industriellen Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof
in Zusammenarbeit mit ESA/ESOC betrieben.
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