Saturnsonde besuchte Rhea
Redaktion / DLR
astronews.com
29. November 2005
Am Wochenende flog die Raumsonde Cassini in nur 500 Kilometern
Entfernung am zweitgrößten Saturnmond Rhea vorüber. Die Wissenschaftler auf der
Erde hoffen, dass die dabei gewonnenen Bilder und Daten helfen werden, mehr über
die Zusammensetzung des Mondes zu erfahren und hinter das Geheimnis mancher
Oberflächenstrukturen zu kommen.
Unbearbeitetes Rohbild des Saturnmondes Rhea, das beim
Vorüberflug Cassinis am 26. November 2005 aus einer Entfernung
von 77.300 Kilometern gemacht wurde. Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute [Großansicht] |
In der Nacht vom 26. auf den 27. November 2005 flog die
amerikanisch-europäische Raumsonde Cassini in nur 500 Kilometern
Entfernung an Rhea, dem zweitgrößten Saturnmond, vorbei. Dabei wurden
Bilder und Spektrometer-Messungen in der bislang höchsten Auflösung von diesem
Trabanten gewonnen. Das Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt (DLR) plante für das Kamerateam des Cassini-Projekts
die sekundengenauen Aufnahmesequenzen für diesen Nahvorbeiflug an Rhea.
Außerdem
wollen Planetenforscher des Instituts mit den Daten des Spektrometers an Bord
von Cassini herausfinden, aus was dieser Mond genau besteht. Mit dem in
Deutschland unter starker DLR-Beteiligung gebauten Staubdetektor soll die
unmittelbare kosmische Umgebung des Mondes untersucht werden.
Rhea ist mit einem Durchmesser von 1.528 Kilometern nach Titan der
zweitgrößte Saturnmond. Er umrundet den Planeten in einer Entfernung von über
500.000 Kilometern in einer so genannten "gekoppelten Rotation", d.h., immer die
gleiche Hemisphäre des Mondes weist auf den Saturn. Entdeckt wurde der Trabant
im Jahr 1672 von Jean-Dominique Cassini, dem Namensgeber dieser Mission zum
Saturn und seinen Monden. In der griechischen Mythologie ist Rhea die Tochter
der "Erdenmutter" Gaia und des Uranos sowie die Mutter des Göttervaters Zeus.
Die Oberfläche des Mondes ist stark von Einschlagkratern geprägt, was auf
ihr hohes Alter schließen lässt. Zwei der größeren Krater auf der dem Saturn
abgewandten Seite sollten mit dem Kamerasystem ISS (Imaging Sub System)
auf Cassini im Detail fotografiert werden. Aus den Aufnahmen, die etwa
ein Drittel der Fläche Rheas umfassen, wollen die Wissenschaftler am
DLR-Institut für Planetenforschung für das Kamerateam von Cassini (das
von Dr. Carolyn Porco am Space Science Institute in Boulder/Colorado
geleitet wird) Bildmosaike und neue Karten des Mondes erstellen.
Auch ein offenbar sehr junger Einschlagkrater sollte sowohl von der Kamera als
auch dem Spektrometer ins Visier genommen - die Untersuchung des Kraters mit dem
abbildenden Spektrometer VIMS (Visual and Infrared Mapping Spectrometer)
könnte Rückschlüsse darauf zulassen, welche Materialien auf Rhea neben Wassereis
noch vorkommen.
"An den jungen Kratern ist das Auswurfmaterial noch nicht sehr
lange der kosmischen Umgebung ausgesetzt und liegt nahezu unverändert vor", so
der an VIMS beteiligte Projektwissenschaftler Dr. Ralf Jaumann vom DLR-Institut
für Planetenforschung. "Deshalb gestattet uns diese Stelle gewissermaßen, wie an
einem Bohrloch ein wenig ins Innere des Mondes zu blicken und vielleicht
Hinweise zur geochemischen Zusammensetzung unter der Oberfläche von Rhea zu
erhalten." Das Spektrometer-Team wird von Prof. Bob Brown am Lunar and
Planetary Institute in Tucson/Arizona geleitet.
Besonders neugierig sind die Wissenschaftler auf hochauflösende Bilder von
schmalen, hellen Streifen, die auf älteren Bildern nur undeutlich zu erkennen
sind und sich über die Rückseite des Mondes erstrecken. Auf dem benachbarten
Mond Dione entpuppten sich ähnliche, im Englischen als "wispy streaks"
bezeichnete Streifen als tektonische Bruchstrukturen in der spröden Eiskruste.
Die Cassini-Aufnahmen wurden aus etwas größerer Distanz zu Rhea
aufgenommen und sollen in großer regionaler Abdeckung Details von etwa 400
Metern pro Bildpunkt (Pixel) erkennen lassen. Zwar wären bei einer Entfernung
von nur 500 Kilometern zu Rhea Bilder in sehr viel höherer Auflösung theoretisch
denkbar, jedoch wurde bei diesem Vorbeiflug auf diese Möglichkeit verzichtet.
Zum einen, weil für andere Instrumente Beobachtungszeiten freigehalten werden
müssen und zum anderen, weil die Aufnahmen wegen der im äußeren Sonnensystem
notwendigen, langen Belichtungszeiten bei der hohen Geschwindigkeit von über
26.000 Kilometern pro Stunde zum Zeitpunkt der höchsten Annäherung an Rhea unscharf
geworden wären.
Bei diesem Nahvorbeiflug stand insbesondere die Analyse des inneren Aufbaus
von Rhea im Vordergrund. Sämtliche Messdaten und Aufnahmen, die Cassini
während der etwa zehnstündigen Experimentphase an Rhea aufzeichnet, wurden kurz
darauf zur Erde übertragen und an die beteiligten Wissenschaftler zur Auswertung
weitergeleitet. Erste Rohbilder des Vorüberflugs sind schon auf der
Missionswebseite zu bewundern.
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