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Einen ersten Verdacht gab es schon kurz nach der Landung von Huygens auf dem Saturnmond Titan. Jetzt lieferten Spektrometerdaten, die von der NASA-Raumsonde Cassini am größten Trabanten des Ringplaneten aufgezeichnet wurden, weitere Indizien: Auf Titan gibt es möglicherweise Vulkane. Sie spucken allerdings keine normale Lava, sondern eine Mischung aus Methan, Kohlendioxid, Wassereis und vielleicht Ammoniak.
Am Rand eines größeren, dunklen Gebiets namens Xanadu entdeckten die Wissenschaftler des Cassini-Spektrometer-Teams eine auffallende, 30 Kilometer große und mehrere hundert Meter hohe Formation, die aus der Perspektive der Raumsonde an ein Schneckenhaus erinnert, und in deren Mitte eine Vertiefung zu sehen ist. "Nur ein vulkanischer Dom mit einer zentralen Caldera, einem Förderschlot, wie wir es bei irdischen Vulkanen häufig sehen, kann diese Landschaftsform plausibel erklären", so Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der gemeinsam mit seinem Kollegen Christophe Sotin von der Universität Nantes in Frankreich über die Datenauswertung in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature berichtet. Die beobachtete Struktur befindet sich etwa drei Grad nördlich des Titan-Äquators bei 142 Grad westlicher Länge und scheint sich kuppelförmig einige hundert Meter über die Umgebung zu erheben. "Etwas Ähnliches haben wir noch auf keinem anderen Eismond im Sonnensystem gesehen", so Ralf Jaumann. "Unsere bevorzugte Interpretation ist, dass aus diesem Berg Methan aus dem Untergrund auf die Oberfläche austritt und in die Titan-Atmosphäre entweicht." Bei ihrer Interpretation der merkwürdigen "Schneckenhaus-Struktur" untersuchten die Forscher auch die Möglichkeit, ob es sich dabei um ein wetterbedingtes Phänomen in der Atmosphäre des Titan handeln könnte, beispielsweise einen spiralförmigen Wolkenwirbel, den VIMS (Visible and Infrared Mapping Spectrometer) aufgenommen hat. Wolken konnten jedoch mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, da sich die "Schnecke" auch noch 48 Tagen später, während des nächsten Vorbeiflugs von Cassini am Titan, mit identischem Umriss an derselben Stelle befand. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die Struktur in einer Gegend befindet, in der die Titan-Kruste unter erhöhter Spannung steht und so an einem tektonischen Bruch Material aus dem Untergrund nach oben gedrückt wurde. Das feine Hell-Dunkelmuster der "Schnecke" könnte von Gräben oder Rillen an dem Eisvulkan herrühren, in denen das austretende Material geflossen ist. Wegen der niedrigen Temperaturen auf dem Titan von minus 180 Grad Celsius würde die Kohlenwasserstoffverbindung Methan (CH4) als Eisregen auf die Oberfläche herabrieseln. Neben Methan könnten auch Kohlendioxid, Wassereis oder Ammoniak Bestandteile der "Kryo-Lava" sein. Kombinationen dieser Verbindungen können den Gefrierpunkt herabsetzen und ein Gemisch aus unterschiedlichen, noch nicht wieder gefrorenen Flüssigkeiten könnte sich über die Oberfläche bewegen. Planetengeologen sind seit vielen Jahren auf der Suche nach einer Bestätigung von Theorien, die besagen, dass aus dem wärmeren Inneren der Eismonde von Saturn oder auch Jupiter und Neptun Flüssigkeiten an die Oberfläche dringen könnten und dort in "Kryovulkanen" (Kryos ist das griechische Wort für Eis) austreten, die Umgebung überprägen und rasch gefrieren. Anschaulich könnte ein solcher Kryovulkan ähnlich funktionieren wie die Geysire in vulkanisch aktiven Zonen auf der Erde, oder aber - dann weniger explosiv - Flüssigkeit wie ein irdischer Lavastrom austreten. Die Wärme, die für ein teilweises Aufschmelzen des Titan-Inneren notwendig ist, könnte von Gezeitenreibung herrühren. Wegen seiner nicht perfekten Kreisbahn um Saturn ist der etwas über 5000 Kilometer große Mond unterschiedlichen Schwerefeld-Einflüssen ausgesetzt, die zu erheblichen Spannungen in seinem Inneren führen und Reibungswärme erzeugen. Weiter zum zweiten Teil: Titan in 352 Farben |
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