Die tiefen
Klippen von Candor Chasma
Redaktion
astronews.com
29. Dezember 2004
Die vom DLR betriebene, hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der
ESA-Raumsonde Mars Express machte im 360. Orbit Aufnahmen der sechs
Kilometer tiefen Klippen von Candor Chasma, einem der größten Täler im Talsystem
Valles Marineris. Die Bilder haben eine Auflösung von etwa 40 Metern pro
Bildpunkt und zeigen einen Ausschnitt des Gebiets Candor Chasma bei 5 Grad
südlicher Breite und 285 Grad östlicher Länge.
Die seitliche Wand von Candor Chasma ist etwa sechs Kilometer
hoch. Foto: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Die Aufnahmen zeigen die seitliche Wand von Candor Chasma. Erosionsprozesse
haben Spuren an der Wand hinterlassen, die man in dieser Form auf der Erde vor
allem in ariden (sehr trockenen) oder alpinen Regionen findet. Das Hochplateau,
das Candor Chasma umgrenzt, ist überwiegend flach. Man geht davon aus, dass es
aus vielen Lagen basaltischer (vulkanischer) Lava besteht.
Die Wand ist etwa sechs Kilometer hoch. Derzeit ist nicht geklärt, welche
Prozesse verantwortlich für diesen enormen Höhenunterschied waren.
Möglicherweise führten Dehnungsspannungen in der Marskruste zum
Auseinanderbrechen der Gesteinsschichten und dem Absinken des Talbodens.
Ein
Tal, das durch eine derartige Absenkung einer länglichen Senke durch Tektonik
entsteht, bezeichnet man als Graben. Ziehen sich die Brüche, die einen Graben
begrenzen, durch die gesamte Lithosphäre, also die elastische äußere
Gesteinsschicht eines Planeten, spricht man von einem Rift. Tatsächlich wurden
die Valles Marineris bereits als Rift interpretiert.
Eine Alternative zu tektonischen Bewegungen wären Einsturzvorgänge. Ein
terrestrisches Beispiel ist der so genannte Karst: Hier wird Karbonatgestein im
Untergrund durch Wasser gelöst und es entstehen Hohlräume. Wenn die Decke einer
derartigen Karsthöhle einstürzt, entsteht eine trichterförmige Vertiefung, eine
so genannte Doline. Auf dem Mars wurden bisher keine großen Karbonatvorkommen
entdeckt. Vielleicht könnte es aber infolge anderer Prozesse zum Verlust von
Material im Untergrund gekommen sein, worauf die Valles Marineris als
Einsturzstrukturen entstanden wären.
Beispielsweise könnte ein beträchtlicher
Anteil von Eis, der möglicherweise ursprünglich in der Tiefe vorhanden war,
geschmolzen sein. Das Wasser wäre in Richtung der großen Ausflusstäler
abgeflossen, die Oberfläche stürzte in die entstandenen Hohlräume nach und hätte
so dieses Talsystem gebildet. Was auch immer der Grund für die Entstehung der
Valles Marineris war, die Wände wurden nach der Absenkung des Geländes stark
erodiert.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard
Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der
hochauflösenden Stereokamera entworfen hat, geleitet. Das Wissenschaftsteam
besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera
wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in
Kooperation mit industriellen Partnern gebaut. Die Kamera wird vom DLR-Institut
für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Hier erfolgt auch die
systematische Datenprozessierung.
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