Blick ins
Tal der Planeten
Redaktion
astronews.com
10. Dezember 2004
In dieser Woche
veröffentlichte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt erneut
eindrucksvolle Aufnahmen vom roten Planeten, die mit Hilfe der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord der europäischen Sonde Mars Express
gewonnen wurden. Sie zeigen einen zentralen Abschnitt des Reull-Tals - des Tals
der Planeten.
Mars Express-Aufnahme des Reull Vallis. Norden ist links. Foto: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Auf den in dieser Woche veröffentlichten Bildern der vom Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen, hochauflösenden Stereokamera HRSC an
Bord der ESA-Raumsonde Mars Express ist ein zentraler Abschnitt des
Reull-Tals zu sehen. Die Aufnahmen wurden in Orbit 451 mit einer Auflösung von
etwa 21 Metern pro Bildpunkt gemacht. Sie zeigen den Zusammenfluss von Reull
Vallis mit einem südlichen Seitenarm.
Reull Vallis ist ein Abflusstal, das sich vom Hochland Promethei Terra in
Richtung des Hellas-Beckens erstreckt. Es handelt sich um ein großes, stark
ausgeprägtes Talsystem, dessen Komplexität auf eine lang andauernde und
abwechslungsreiche Entwicklung hinweist. Das ungefähr 1.500 Kilometer lange Tal
ist hier, wenige hundert Kilometer vor seiner Mündung in die Hellas-Tiefebene,
bis zu 20 Kilometer breit und hat sich bis zu 1800 Meter tief in die umgebende
Ebene eingeschnitten.
Der ungewöhnliche Name "Reull Vallis" ist gälischen Ursprungs und wurde von
dem visionären Astronomen und Planetenforscher Carl Sagan (1931-1996)
vorgeschlagen, nachdem das Tal auf Bildern der amerikanischen Viking-Sonden
entdeckt wurde. Für die Kelten Irlands war "Reull" (ausgesprochen: "Re-Ul") das
Wort für Planeten.
In den Aufnahmen sind zahlreiche Krater an den Talflanken zu erkennen. Diese
wurden durch nachfolgende so genannte Transportprozesse mit Ablagerungen
aufgefüllt. Das Material, das den Talboden bedeckt, ist von einer auffälligen,
parallelen Textur überzogen, die eventuell durch gletscherartiges Fließen von
lockerem Schutt in Verbindung mit Eis entstanden ist. Einige Krater im Talgrund
wurden dadurch fast vollständig verfüllt. Die Fließstrukturen sind auch in
zahlreichen Einschlagkratern zu erkennen. An manchen Stellen sind in diesen
Kratern isolierte, linsenförmige Einbuchtungen und Vertiefungen zu sehen, die
eventuell durch Sublimation, dem direkten Verdampfen von Eis ohne zu schmelzen,
entstanden sind.
Am südlichen und westlichen Rand der Bildszene lassen sich zwei größere
Krater erkennen. Diese haben Durchmesser von 15 bzw. 35 Kilometern. Alle Krater
weisen stark verwitterte Ränder auf und sind teils verfüllt. Diese Erosion hat
deutlich ausgeprägte, verzweigte Rinnensysteme im Rand des südlichen Kraters
hinterlassen.
Die meisten Geländeformen im gezeigten Gebiet sind gerundet, lediglich jüngere
Formen heben sich deutlich durch ihre schärfer ausgeprägte Form ab. Auffällig
ist auch der Unterschied im Landschaftsbild zwischen der wenig erodierten Ebene
im Nordosten und den stark abgetragenen Gebieten südöstlich davon. Das
abgebildete Gebiet befindet sich bei 42 Grad südlicher Breite und 103 Grad
östlicher Länge am Ostrand von Hellas Planitia, dem größten Einschlagsbecken auf
dem Mars.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard
Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der
hochauflösenden Stereokamera entworfen hat, geleitet. Das Wissenschaftsteam
besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera
wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in
Kooperation mit industriellen Partnern gebaut. Die Kamera wird vom DLR-Institut
für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Hier erfolgt auch die
systematische Datenprozessierung.
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