"First
Light" für neues VLT-Instrument
Redaktion
astronews.com
25. August 2004
Europäische Astronomen haben unlängst ein neues leistungsfähiges Instrument am
Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Betrieb
genommen: Der Spectrograph for Integral Field Observation in the
Near-Infrared (SINFONI) verspricht eindrucksvolle Einblicke ins All, die
vorher in dieser Qualität nicht möglich waren. Eine der ersten Testbeobachtungen
galt dem Zentrum unserer Milchstraße mit dem gewaltigen Schwarzen Loch.
Beispiel für SINFONI-Beobachtungen im Zentrum der Milchstraße.
Weitere Erläuterungen in der Großansicht. Bild:
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik / ESO [Großansicht] |
Die erfolgreiche Inbetriebnahme des neuen SINFONI-Instruments, mit dem das
Weltall mit bisher unerreichter Bildschärfe in drei Dimensionen erforscht werden
kann, haben jetzt Wissenschaftler des Max-Planck-Institut für extraterrestrische
Physik (MPE) gemeinsam mit Kollegen der Europäischen Südsternwarte (ESO) und des
Niederländischen Forschungsinstitut für Astronomie (NOVA) gefeiert. Der
Spectrograph for Integral Field Observation in the Near-Infrared (SINFONI)
ist das erste Gerät seiner Art, das an einem modernen Großteleskop fest
installiert ist.
Am Abend des 9. Juli 2004 haben die Detektoren von SINFONI zum ersten Mal das
Weltall durch das 8.2 Meter Yepun-Teleskop des Very Large Telescope
der ESO in der chilenischen Atacama-Wüste betrachtet. Mit seiner adaptiven Optik
erreicht SINFONI eine Detailtreue, wie sie sonst nur vom Weltall aus möglich
ist. Sein Spektrometer kann dann das Licht eines jeden seiner über 2.000
Bildpunkte in seine spektrale Anteile zerlegen. Die ersten Einblicke in das
Galaktische Zentrum unserer Milchstraße sowie in mehrere Milliarden Lichtjahre
entfernte Galaxien sind überaus spektakulär und geben einen Vorgeschmack, auf
welche Weise SINFONI zur weiteren Erforschung des Weltalls beitragen wird.
SINFONI besteht aus zwei Teilen, dem abbildenden Spektrometer SPIFFI (Spectrometer
for Infrared Faint Field Imaging) und der Adaptiven Optik MACAO (Multi
Application Curvature Adaptive Optics). SPIFFI wurde am Max-Planck-Institut
für extraterrestrischen Physik in Garching in Zusammenarbeit mit dem
Niederländischen Forschungsinstitut für Astronomie (NOVA) und der Europäischen
Südsternwarte (ESO) entwickelt. Die adaptive Optik ist eine Entwicklung der ESO.
Mit SPIFFI kann mit einer einzigen Aufnahme für jeden seiner 64 mal 32
Bildelemente ein Spektrum analysiert werden. Das Herz von SPIFFI ist der so
genannte Bildzerleger, mit dem ein Himmelsfeld mit Spiegeln in 32 kleine
Streifen zerschnitten wird, die dann gleichzeitig in einem Spektrometer
analysiert werden. Die spektrale Analyse erfolgt im Infraroten bei einer
Wellenlänge von 1 - 2,5 Mikrometer. Da bei diesen Wellenlängen die thermische
Strahlung der Umgebung das Instrument blenden würde, wird das gesamte
Spektrometer mit flüssigem Stickstoff auf -195 Grad Celsius abgekühlt.
Die Adaptive Optik MACAO von SINFONI basiert auf einem verformbaren Spiegel,
der mit einer Frequenz von mehreren Hundert Herz die von der Luftunruhe über dem
Teleskop erzeugte Unschärfe korrigiert. Damit wird die Bildschärfe nur noch
durch die Größe des VLT-Teleskops begrenzt, dessen Spiegel-Durchmesser acht
Meter beträgt. Die Sensoren der adaptiven Optik können jedes einzelne
Lichtteilchen detektieren. Auf diese Weise reichen sogar noch Sterne mit einer
Helligkeit von 17,5 Größenklassen, um etwa zehnfach schärfere Bilder
aufzunehmen, als es ohne adaptive Optik möglich wäre. Solche Sterne sind circa
10.000 mal schwächer als jene, die man gerade noch mit dem menschlichen Auge
sehen kann. Damit stellt SINFONI einen neuen Weltrekord in der adaptiven Optik
auf.
Schon in den ersten Nächten nach der Inbetriebnahme von SINFONI konnten die
Forscher Aufnahmen vom Galaktischen Zentrum sowie von mehrere Milliarden
Lichtjahren entfernten Galaxien in bisher unerreichter Qualität aufnehmen. So
untersuchten die Astronomen des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische
Physik in einer der ersten SINFONI-Messungen die unmittelbare Umgebung des
Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxis. Solche Untersuchungen wären bei
optischen Wellenlängen unmöglich, da dichte Staubwolken den Blick auf das
galaktische Zentrum verdecken. Für Infrarotlicht hingegen sind die Wolken
durchsichtig und der Blick auf das galaktische Zentrum ist frei.
Zum ersten Mal konnten die Spektren der Sterne aufgenommen werden, die eine
Helligkeit von nur 16 Größenklassen besitzen. In vielen dieser Spektren fanden
sich Infrarot-Absorptionslinien von Wasserstoff. Dieses Ergebnis bestätigt, dass
diese Sterne im Zentrum der Milchstrasse jünger sind als es gängige Theorien
erklären können. Doch woher kommen diese jungen Sterne? Sind sie vor Ort
entstanden, vielleicht in einer extrem dichten, zirkumnuklearen Molekülwolke?
Stammen sie aus einem massereichen jungen Sternhaufen und wurden dann von
Schwarzen Löchern moderater Masse ins Zentrum abgelenkt? Oder sind sie durch den
Zusammenschluss von Sternen geringerer Masse entstanden? Noch bleibt der
Ursprung dieser Sterne rätselhaft. Doch die Forscher hoffen, diese Fragen durch
die genaue Messung der Sternbewegungen - wie sie mit den SINFONI-Spektren
möglich ist - beantworten zu können.
Das galaktische Zentrum dient auch als Testlabor, um die Physik von
Galaxienkernen und insbesondere der supermassiven Schwarzen Löcher in ihren
Zentren besser zu verstehen. So haben die Garchinger Forscher während ihrer
Messungen am 15. Juli zum ersten mal das Spektrum eines infraroten "Flares"
beobachten können. Dieser Flare stammt wahrscheinlich von Gas, das ein letztes
Mal aufloderte, bevor es hinter dem Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs
verschwand. Solche Flares hatte die Garchinger Arbeitsgruppe bereits vor einem
Jahr entdeckt, aber erst die spektrale Analyse wird jetzt die Prozesse
entschlüsseln helfen, die für das plötzliche Aufleuchten verantwortlich sind.
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