Mutterkörper
für Sternschnuppenschauer entdeckt
von
Hans Zekl
für
astronews.com
6. Januar 2004
Im Laufe eines Jahres kann man mehrere starke Sternschnuppenschauer beobachten.
Den Anfang machen die Quadrantiden in den ersten Januartagen. Nach langer Suche
wurde nun ihr Mutterkörper entdeckt, ein inzwischen inaktiver Komet, der vor
etwa 500 Jahren zerbrach.
Sternschnuppenschauer entstehen, wenn die Erde eine Staubwolke
durchläuft, die auf einen ein Kometen oder einen Asteroiden
zurückzuführen ist. Bild: ESA |
Die Quadrantiden Anfang Januar sind der intensivste jährliche
Sternschnuppenschauer. Ihren Namen erhielten sie bei ihrer Entdeckung
im Jahre 1835 nach dem inzwischen nicht mehr existierenden Sternbild Quadrans
Muralis (Mauerquadrant). 1930 legte die Internationale Astronomische Union (IAU)
sich auf 88 Sternbilder fest. Dabei wurde auch das Sternbild Quadrans Muralis
aufgegeben. Seine Sterne sind heute Teil des Sternbilds Bootes, dem Bärenhüter.
Im Gegensatz zu ihrer starken Aktivität sind die Quadrantiden – oder auch
Bootiden genannt - aber recht unbekannt. Der Ausstrahlungspunkt – Radiant –
steht um Mitternacht nur wenige Grad über dem Nordhorizont. Aber unter günstigen
Bedingungen findet das Maximum, das nur wenige Stunden dauert, in den frühen
Morgenstunden statt, wenn der Radiant sehr hoch steht. Dann können maximale
Raten von rund 150 Meteoren pro Stunde auftreten.
Die Quadrantiden war bislang der einzige starke Meteorschauer, für den kein
Mutterkörper bekannt war. Fast alle Meteorströme lassen sich auf Kometen
zurückführen. Aber kein bekannter Komet kam für die Quadrantiden in Frage. Aus
deren Beobachtungen sollte es sich um einen kurzperiodischen Kometen handeln,
der die Sonne alle fünf bis sieben Jahre umläuft. Zusätzlich unterliegen die
Bahnen der Quadrantiden im Laufe der Zeit starken Änderungen. So veränderten
sich die Bahnneigungen in den letzten 1500 bis 5400 Jahren durch nahe
Begegnungen mit dem Planeten Jupiter von ehemals 13 Grad auf heutige 71 Grad.
Ebenso verschob sich der Perihelabstand von damals 0,10 astronomischen Einheiten
(AE) auf den heutigen Wert von 0,78 AE (1 AE = 149,6 Millionen Kilometer).
Verschiedene Objekte wie der Komet 96P/Machholz wurden vorgeschlagen, aber
die endgültige Identifizierung misslang, weil die Bahnen der Quadrantiden nur
ziemlich grob bekannt waren. Erst 1995 gelang es, sie genauer zu bestimmen.
Danach muss es sich um einen jungen Schauer handeln, der nicht älter als 500
Jahre sein dürfte. Andernfalls müssten die Bahnen und Geschwindigkeiten der
einzelnen Meteore stärker gestreut sein. Auch passen ihre Größe und
Geschwindigkeit ebenfalls zu einem Kometen als Ursprungskörper. Kämen sie von
einem Asteroiden wären die Sternschnuppen größer und würden erst in tieferen
Schichten der Erdatmosphäre verglühen. Da aber kein Komet zu sehen war, folgerte
1997 der Astronom Peter Jenniskens, dass der Komet inzwischen seine Aktivität
eingestellt haben muss und stattdessen wie ein gewöhnlicher Asteroid erscheinen
sollte.
Auf der Suche nach Objekten, die der Erde gefährlich werden könnten, wurden
in den letzten Jahren mehrere groß angelegte Untersuchungen gestartet. Diese
haben zu zahlreichen Asteroiden-Entdeckungen geführt. Inzwischen glaubt man,
dass man etwa die Hälfte aller Körper mit Durchmessern von über einem Kilometer
damit gefunden hat, die der Erde recht nahe kommen können. Wie Peter Jenniskens
im Astronomical Journal berichten wird, befindet sich darunter das Objekt
2003 EH1, dessen Bahnparameter gut zu den Quadrantiden passen. 2003 EH1 wurde
erst am 6. März 2003 entdeckt.
Gegenwärtig beträgt der geringste Abstand der Asteroidenbahn zur Erdbahn etwa 32
Millionen Kilometer, viel mehr als bei den anderen jährlichen
Sternschnuppenströmen. Allerdings zeigen Berechnungen über die Bahnentwicklung
seit 1600, dass das Objekt wohl die Quelle der Quadrantiden ist. Offensichtlich
wurden sie vor 1600 erzeugt. Die gesamte Masse der Quadrantiden ist ziemlich
hoch. Immerhin besitzen sie 100- bis 1000-mal mehr Masse als übliche
Sternschnuppenströme. Vergleiche mit den Massen anderer Meteorströmen lassen
vermuten, dass die Quadrantiden entstanden, als ein Komet zerbrach.
Aber welcher Komet kommt in Frage? Ende 1490 und Anfang 1491 beobachteten
Astronomen in China, Korea und Japan den Kometen C/1490 Y1. Aus diesen
Beobachtungen bestimmten Ishiro Hasegawa, Iwan William und Zidian Wu dessen Bahn
und stellten eine gute Übereinstimmung mit den Bahnen der Quadrantiden fest.
Aber offensichtlich hat der Komet seit dem seine Aktivität eingestellt. Der
Durchmesser von 2003 EH1 beträgt etwa zwei bis 3 Kilometer. Die Beobachtungen
des Kometen C/1490 Y1 deuten auf einen Kometenkern, dessen Durchmesser etwa 12
Kilometer betrug. Es ist deshalb möglich, dass der Komet Ende 1490 zerbrach und
dabei recht hell war. 2003 H1 ist demnach möglicherweise der Rest des damaligen
Kometen. Allerdings bereiten die vielen Begegnungen mit Jupiter bislang noch
große Problem, die Beziehung zwischen diesem Kometen und den Quadrantiden
zweifelsfrei zu bestimmen.
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