PLANETARISCHE NEBEL
Ein
Gartensprenger im All
von Stefan
Deiters
astronews.com
26. Mai 2003
Im Weltall
gibt es viele Objekte, die Astronomen nach wie vor vor große Rätsel stellen.
Dazu gehören auch so genannte Jets, die von Planetarischen Nebeln ausgehen.
Eines der merkwürdigsten Objekte dieser Art hat nun das Hubble-Weltraumteleskop
beobachtet: den planetarischen Nebel Henize 3-1475.

Hubble-Aufnahme des jungen planetarischen Nebels Henize 3-1475. Foto:
ESA, A. Riera (Universitat Politècnica de Catalunya, Spain) und
P. García-Lario (ESA ISO Data Centre, Spain) [Großansicht] |
Unter Jets verstehen Astronomen gebündeltes heißes Gas, das meist mit hoher
Geschwindigkeit ins All geschleudert wird. Ursache für solche Jets können
beispielsweise aktive Galaxienkerne sein, in deren Zentrum sich ein Schwarzes
Loch befindet. In der turbulenten Umgebung in ummittelbarer Nähe des Schwarzen
Lochs können hier gewaltige Gasströme entstehen, die - vermutlich durch starke
Magnetfelder gebündelt - ins All schießen. Auch bei Neutronensternen hat man
schon Jets beobachtet - und auch bei Planetarischen Nebeln. Die jetzt vom
Hubble Information Centre der ESA veröffentlichte Aufnahme des jungen
Planetarischen Nebels Henize 3-1475 zeigt dafür ein recht bizarres Beispiel:
Wegen der merkwürdigen S-Form des Jets haben die Astronomen dieses Nebels auch
Rasensprenger-Nebel getauft.
Wie Jets genau entstehen, ist den Wissenschaftlern trotz vieler Jahre
Forschung bis heute ein Rätsel. Obwohl es verschiedene Vermutungen gibt, konnte
man bisher bei keinem einzigen Jet den Ursprung im Detail nachweisen. Im Falle
von Jets, die von Planetarischen Nebeln ausgehen, kommt Henize 3-1475 eine
besondere Rolle zu: Die besondere Form des Jets sowie die hohe Geschwindigkeit,
mit der das Gas ins All schießt, machen diesen Planetarischen Nebel zu einem
idealen Forschungsobjekt, um hinter die Geheimnisse der Jet-Entstehung zu kommen.
Henize 3-1475 liegt in rund 18.000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild
Schütze. Der Zentralstern des Planetarischen Nebels ist rund 12.000 Mal
leuchtkräftiger als unsere Sonne und hat etwa die drei bis fünffache Masse
unseres Zentralgestirns. Die Jets des Planetarischen Nebels sind mit einer
Geschwindigkeit von vier Millionen Kilometern pro Stunde die schnellsten Jets,
die je entdeckt wurden.
Ein Astronomen-Team um Angels Riera von der Universität in Barcelona hat nun
verschiedene Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops und bodengestützter
Teleskope ausgewertet, um hinter das Geheimnis von Henize 3-1475 zu kommen. Nach
den Erkenntnissen der Forscher scheint die S-Form der Jets von einer Quelle im
Inneren zu stammen, die Material in entgegengesetzte Richtungen ins All
schleudert und sich alle 1.500 Jahre einmal dreht.
Der Strom des Materials ist dabei nicht gleichmäßig, sondern findet in
Abständen von rund 100 Jahren statt, was zu den beobachteten Klumpen aus Gas
führt, die sich mit einer Geschwindigkeit von vier Millionen Kilometern pro
Stunde bewegen. Warum es zu diesem unterbrochenen Ausstrom von Gas kommt, ist
den Forschern nicht klar. Eventuell könnte es mit einem magnetischen Zyklus des
Zentralsterns zu tun haben - ähnlich dem 22jährigen Zyklus unserer Sonne - oder
mit Wechselwirkungen mit einem Begleitstern.
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