ANDROMEDA
Junge Sterne
im Halo überraschen
von Stefan
Deiters
astronews.com
8. Mai 2003
Mit dem
Hubble-Weltraumteleskop gelang kürzlich der tiefste Blick im optischen
Bereich ins All und in den Halo unserer Nachbargalaxie Andromeda: Zur
Überraschung der Astronomen scheinen die Sterne dort erheblich jünger zu sein
als etwa die Sterne im Halo der Milchstraße. Ein Hinweis auf dramatische
Ereignisse in der Vergangenheit der Andromeda-Galaxie?
Hubbles Blick in den Halo der Andromeda-Galaxie. Rund 300.000
Halosterne sind zu erkennen. Im Hintergrund sind zusätzlich
Tausende von Galaxien auszumachen, die teilweise in einer
Entfernung von mehreren Milliarden Lichtjahren liegen. Unten ist
ein Kugelsternhaufen zu erkennen, der zu Andromeda gehört. Foto:
NASA, ESA und T.M. Brown (STScI) [Großansicht] |
Sterne im galaktischen Halo
- also in einem kugelförmigen weit ausgedehnten Bereich, der Scheibe und Zentrum
der Galaxie einschließt -
gelten gemeinhin als die ältesten Bestandteile einer Galaxie. So gehören
auch in unserer Milchstraße die Halosterne zu den ältesten Vertretern unter den
Sonnen. Bei unserem kosmischen Nachbarn, der Andromeda-Galaxie M31, scheint dies
allerdings etwas anders zu sein: Um die Jahreswende visierte das Hubble-Weltraumteleskop
insgesamt dreieinhalb Tage lang eine kleine Region im Halo der Andromeda-Galaxie
an und gewann ganz nebenbei den tiefsten Blick ins All der je im Optischen
gemacht wurde. Die daraus resultierende Altersbestimmung der Halosterne barg
eine Überraschung: Ein Drittel der Sterne im Halo von Andromeda entstanden vor
nur sechs bis acht Milliarden Jahren. Die Sonnen sind somit deutlich jünger als
die Halosterne der Milchstraße, die ein Alter von durchschnittlich 10 bis 13
Milliarden aufweisen.
Wie erklärt sich nun dieser Altersunterschied der Halosterne? Die Astronomen
vermuten, dass die Andromeda-Galaxie in ihrer Geschichte entweder mit einer
großen Galaxie verschmolzen sein muss oder aber eine Reihe von kleineren
Galaxien quasi verschluckt hat. Dies alles geschah vor einigen Milliarden Jahren
und die Forscher können anhand der vorliegenden Daten nicht entscheiden, welches
Ereignis genau zu dieser Zusammensetzung des Halos von Andromeda führte. Die
neuentdeckten jungen Halosterne haben auch einen größeren Anteil an schweren
Elemente als beispielsweise die Halosterne unserer Milchstraße und dies sei, so
die Wissenschaftler, charakteristisch für eine relativ massereiche Galaxie mit
einer Gesamtmasse von mindestens einer Milliarde Sonnenmassen.
Daraus, so die Forscher, würden sich drei mögliche Szenarien ergeben:
Entweder hat eine Kollision die junge Scheibe von M31 zerstört, wodurch viele
Sterne der galaktischen Scheibe in den Halo gelangten oder aber eine Galaxie
wurde bei der Kollision komplett zerstört und deren Sterne im Halo verteilt.
Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass während der Kollision viele neue
Sterne entstanden - einen Vorgang, den man bei beobachteten Galaxienkollisionen
verfolgen konnte. Welches Szenario allerdings für Andromeda zutrifft, dürfte
sich erst nach weiteren detaillierteren Untersuchungen bestimmen lassen.
Die 2,5 Millionen Lichtjahre entfernte Andromeda-Galaxie galt lange Zeit als
ein regelrechter Zwilling unserer Milchstraße, was Alter, Aussehen und Größe
anbelangt. Die jetzigen Beobachtungsdaten könnten somit interessante Hinweise
darauf geben, wie solche riesigen Spiralgalaxien entstanden sind -
möglicherweise durch das Kannibalisieren anderer Galaxien.
Das besondere an den neuen Hubble-Daten ist ihre Tiefe: Bisherige
Beobachtungen des Halos von Andromeda zeigten nur die Riesensterne - die
"normalen" Sterne wie unsere Sonne waren darauf nicht auszumachen, da sie
einfach zu leuchtschwach waren. Die neue Advanced Camera for Surveys
erlaubte nun erstmals einen solchen detaillierten Blick in den Halo von M31 und
offenbarte rund 300.000 Sterne, die nie zuvor beobachtet wurden. Hinzu kamen
Tausende von Hintergrundgalaxien in Milliarden von Lichtjahren Entfernung.
|