HUBBLE
Das kälteste
Objekt im All?
von
Hans Zekl
für
astronews.com
25. Februar 2003
Mit Hilfe
des Hubble-Weltraumteleskops haben Astronomen das vielleicht kälteste
Objekt im All untersucht: den Bumerang-Nebel im Sternbild Zentaur. Es ist nur
ein Grad wärmer als der absolute Nullpunkt und damit kälter als das Echo des
Urknalls, die kosmische Hintergrundstrahlung.
Das Universum ist eigentlich kalt. Jedenfalls, wenn man die
Hintergrundstrahlung, das Nachleuchten des Urknalls, betrachtet, die das ganze
Universum gleichmäßig ausfüllt. Die Energieverteilung entspricht der Strahlung
eines Körpers mit einer Temperatur von nur 2,7 Grad über dem absoluten
Nullpunkt, der bei etwa –273 °C liegt. Aber Astronomen haben jetzt ein Objekt
entdeckt, das noch kälter ist als das Universum selbst.
In etwa 5.000 Lichtjahren Entfernung geht ein Stern seinem Ende entgegen. In
dieser Spätphase seines Lebens blähte er sich gewaltig auf und stößt nun einen Teil
seiner äußeren Hülle ab. Daraus formt sich ein Planetarischer Nebel, der
Bumerang-Nebel. Seinen Namen erhielt er von den Astronomen Taylor und Scarrott,
die ihn schon 1980 von Australien aus beobachteten. Wegen der wesentlich schlechteren
Auflösung, die ihnen zur Verfügung stand, sahen sie nur eine leichte Asymmetrie
in der Form des Nebels, die an einen Bumerang erinnerte.
Die detailreiche
Hubble-Aufnahme dagegen zeigt eher eine Fliege.
Dieser Nebel ist eines der seltsamsten Objekte im Weltall. Schon 1995 erkannten
Astronomen an der europäischen Südsternwarte ESO in Chile, dass er der kälteste
bekannte Ort im Universum ist. Mit einer Temperatur von –272 °C ist er nur ein
Grad wärmer als der absolute Nullpunkt und damit noch kälter als die
Hintergrundstrahlung. Alle anderen bekannten Objekte sind dagegen wärmer.
Das Hubble-Bild wurde schon vor 5 Jahren aufgenommen und zeigt schwache Bögen
und geisterhafte Filamente in den "Fliegenlappen". Die Form des Nebels
unterscheidet ihn von anderen Planetarischen Nebeln, die gewöhnlich eine
blasenartige Struktur aufweisen. Aber möglicherweise ist der Bumerang-Nebel noch
zu jung, um diese Strukturen entwickeln zu können.
Allerdings haben Astronomen
bislang noch nicht verstanden, wie diese Objekte ihre Formen ausbilden.
Offensichtlich entstand die Form des Bumerang-Nebels durch einen gewaltigen
ultrakalten Sternwind, der seit etwa 1.500 Jahren mit etwa 500.000 Kilometern
pro Stunde von dem
sterbenden Stern wegweht. In tausend Jahren verliert der Stern dadurch eine
ganze Sonnenmasse. Das ist zehn bis hundert Mal mehr als bei vergleichbaren
Objekten.
Durch welchen Mechanismus das Gas des Nebels auf diese hohe Geschwindigkeit
beschleunigt wird, ist bislang ungeklärt. Die rasche Ausdehnung ist auch der
Grund dafür, dass der Nebel so kalt ist, denn Gas, das sich sehr schnell
ausdehnt, kühlt sich ab. Auf ähnliche Weise funktioniert auch ein Kühlschrank.
Ein Kompressor verdichtet zuerst das Kühlmittel. Die Wärme wird an den
Kühlrippen des Kühlschranks abgegeben. Wenn dann das Kühlmittel sich wieder
ausdehnt, verdampft es und kühlt ab. Dies geschieht im Inneren des Kühlschranks,
der deshalb kalt wird. Die extremen physikalischen Bedingungen des
Bumerang-Nebels sind jedenfalls einzigartig und liefern neue Hinweise zur
bislang kaum verstandenen Frühphase Planetarischer Nebel.
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