Rho
Cassiopeiae der beste Kandidat
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. Februar 2003
Ein
internationales Astronomenteam hat mit Hilfe des William Herschel Teleskops auf
der Kanareninsel La Palma den wohl besten Kandidaten für eine baldige
Supernova-Explosion aufgespürt: den 10.000 Lichtjahre entfernten Riesenstern Rho
Cassiopeiae. Vermutlich, so die Forscher, existiert der Stern jetzt schon gar
nicht mehr.
Rho Cassiopeiae während des Ausbruchs 2000. Bild: Gabriel
Pérez Díaz / Instituto de Astrofísica de Canarias |
Rho Cassiopeiae ist einer der hellsten gelben "Hyperriesen" in der
Milchstraße. Dank seiner extremen Leuchtkraft ist er auch von der Erde aus noch
mit bloßem Auge zu erkennen, obwohl er 10.000 Lichtjahre von uns entfernt ist.
Rho Cassiopeiae ist eine halbe Million mal heller als unsere Sonne. Der Stern
gehört zu einer sehr seltenen Klasse von Sternen, von denen insgesamt nur sieben
in unserer Galaxis bekannt sind. Sie alle haben eine enorme Leuchtkraft und
Oberflächentemperaturen von 3.500 bis 7.000 Grad. Astronomen glauben, dass es
sich bei diesen Sternen um äußerst entwickelte Sonnen handelt, die unmittelbar
vor einer Supernova-Explosion stehen.
Das Besondere an Sternen wie Rho Cassiopeiae ist die Kombination aus
Leuchtkraft und Temperatur. Die Sonnen befinden sich in einem sehr instabilen
Zustand, der nach Ansicht der Forscher zwangsläufig zu einer Supernova-Explosion
führen muss. Mit Hilfe des so genannten Utrecht Echelle Spektrographen am
William Herschel-Teleskop auf der Kanareninsel La Palma ist es nun gelungen, Rho
Cassiopeiae von 1993 bis 2002 detailliert zu untersuchen. Dabei wurden die
Forscher Zeugen einer dramatischen Veränderung des Riesensterns: Im Jahr 2000
kühlte der Stern innerhalb von nur wenigen Monaten von 7.000 auf 4.000 Grad ab.
Die Astronomen erklären sich die Beobachtung dadurch, dass der Stern vermutlich
eine enorme Gashülle ins All geblasen hat, deren Masse rund zehn Prozent der
Sonnenmasse ausmachen dürfte.
"Rho Cassiopeiae kann jederzeit zu einer Supernova werden und hat seinen
nuklearen Brennstoff inzwischen fast vollständig aufgebraucht", erläutert Dr.
Garik Israelian, der dem Astronomenteam angehört. "Der Stern ist vielleicht der
beste Kandidat für eine Supernova in unserer Galaxis und die kontinuierliche
Beobachtung des Sterns könnte uns helfen, etwas über die komplexen Vorgänge zu
erfahren, die einer solchen dramatischen Explosion vorausgehen." Ältere
Beobachtungen haben gezeigt, dass es bei Rho Cassiopeiae auch in den
Jahren 1893 und 1945 zu einem extremen Massenverlust gekommen sein muss, so dass
solche Ereignisse vermutlich jedes halbe Jahrhundert stattfinden.
Seit 2000 nun pulsiert die Atmosphäre von Rho Cassiopeiae auf merkwürdige
Weise, so dass die Astronomen einen neuen Materieauswurf - eventuell sogar einen
noch dramatischeren - erwarten. "Wenn man die große Entfernung von Rho
Cassiopeiae berücksichtigt, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Stern schon
längst explodiert ist und zu einem Schwarzen Loch oder einem Neutronenstern
wurde", so Israelian. "Wenn der Stern alle 50 Jahre 10 Prozent der Masse unserer
Sonne verliert, so wären das in 10.000 Jahren 20 Sonnenmassen. Daher ist es sehr
wahrscheinlich, dass Rho Cassiopeiae gar nicht mehr existiert."
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