HUBBLE
Galaxienentstehung ganz nah
von Rainer Kayser
27. Dezember 2002
Galaxien, so
glaubten Astronomen bislang, bildeten sich vor relativ langer Zeit oder aber
bilden sich in recht großer Entfernung. Das Objekt POX 186, das das
Weltraumteleskop Hubble gründlich untersuchte, macht da allerdings eine
Ausnahme: Es ist uns relativ nah und erst 100 Millionen Jahre alt.
Hubble-Aufnahme von POX 186.
Foto:
STScI, NASA, Michael Corbin |
Eine vermutlich erst 100 Millionen Jahre alte Galaxie haben Astronomen in
unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft aufgespürt. Die Entdeckung ist
für die Forscher eine große Überraschung, da die meisten Sternsysteme schon vor
Milliarden von Jahren entstanden sind. William Vacca vom Max-Planck-Institut für
Extraterrestrische Physik in Garching und Michael Corbin vom Space Telescope
Science Institute in Baltimore haben die "nur" 68 Millionen Lichtjahre
entfernte Galaxie mit dem Weltraumteleskop Hubble beobachtet. Die beiden
Astronomen veröffentlichen ihre Forschungsergebnisse in der aktuellen Ausgabe
des Fachblatts Astrophysical Journal.
"Es ist eine überraschende Entdeckung", erklärt Corbin, "wir haben nicht
erwartet, dass sich im nahen Universum noch neue Galaxien bilden!" POX 186, so
der Name des Objekts, zeigt jedoch eindeutige Indizien für ihr junges Alter, so
ihre unregelmäßige Form und junge Sternentstehungsgebiete. Vacca und Corbin
vermuten, dass die Galaxie vor 100 Millionen Jahren durch die Kollision zweier
großer Gaswolken entstanden ist. Ähnlich ist vermutlich auch die Entstehung von
Galaxien in der Frühzeit des Kosmos abgelaufen. "POX 186 gibt uns einen kleinen
Einblick in die frühe Entstehungsphase der Galaxien", so Corbin.
Im Vergleich zu Galaxien wie unserer Milchstraße ist POX 186 klein: Sie ist etwa
900 Lichtjahre groß und enthält nur zehn Millionen Sterne. Die Milchstraße hat
einen Durchmesser von 100.000 Lichtjahren und besteht aus 100 Milliarden
Sternen. Das kleine Sternsystem befindet sich in einer weitgehend leeren Region
des Weltalls, 30 Millionen Lichtjahre von der nächsten Galaxie entfernt. Darin
sehen Vacca und Corbin auch den Grund für die späte Entwicklung des Systems: In
dichteren Regionen bilden sich Sternsysteme früher, in den Leerräumen dazwischen
dagegen, braucht es länger, um eine Galaxie zu formen.
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