LEONIDEN
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Schauer für viele Jahre? (2)
Zurück zum 1. Teil: Die Geschichte der Leoniden
Die Qualität der Modellrechnungen gestattet es inzwischen, den Zeitpunkt eines
Leonidenmaximums auf etwa eine halbe Stunde genau vorherzusagen. Allerdings sind
die Abschätzungen der maximalen Raten deutlich schlechter. Sie bieten
bestenfalls einen groben Richtwert.
Alle Modelle versuchen, die Entwicklung der Staubteilchen, die der Komet Tempel-Tuttle während seines Periheldurchgangs
frei setzt, zu berechnen.
![Leoniden 1998](../../../bilder/0111-013.jpg)
Die Leoniden 1998.
Foto:
ESA / Juraj Toth, Comenius Universität, Bratislava |
Übereinstimmend ergibt sich, dass die kleineren Staubkörnchen in relativ kurzer
Zeit durch den Strahlungsdruck der Sonne verloren gehen. Nur die größeren
verteilen sich entlang der Kometenbahn. Dabei bilden sie schmale Staubbänder mit
einem Durchmesser von etwa 35 000 km, die sich aber über mehrere hundert
Millionen Kilometer erstrecken. Zufällig führen die Kometenbahn und die der
Bänder nahe an der Erdbahn vorbei.
Bei den Leoniden kommt es deshalb immer
wieder zu äußerst kräftigen Maxima, weil die Erde mit den dichten Teilen der
Bänder zusammen stößt. Werden mehrere Bänder getroffen, treten auch mehrere
Maxima auf. Wegen der enormen Länge der Bänder, können die Leonidenschauer oder
Stürme mehrere Jahre hintereinander auftreten. Allerdings werden die Bahnen des
Kometen und der Staubbänder immer wieder durch den Planeten Jupiter gestört. So
veränderte sich die Bahnen nach 1865 so, dass der Abstand zur Erde zunahm.
Deshalb wurden keine starken Maxima bis 1966 beobachtet. Vor 1965 dagegen,
rückte die Kometenbahn durch eine erneute Störung wieder näher an die Erde heran.
Von der Erde aus gesehen, kommen die Leoniden fast "von vorne" und sind deshalb
sehr schnell, etwa 70 km/sek. Entsprechend hell können deshalb auch relativ
kleine Leonidenteilchen aufleuchten, wenn sie in der Erdatmosphäre abgebremst
werden.
Am 19. November 2002 trifft die Erde nun auf zwei Staubbänder, die in den Jahren
1767 bzw. 1866 erzeugt wurden. Das ältere Band trifft unseren Planeten in den
frühen Morgenstunden. Das Maximum wird gegen 5 Uhr MEZ erwartet und kann deshalb
von Europa und Afrika aus beobachtet werden. Auf das zweite Band trifft die Erde
am späten Vormittag, wenn es bei uns schon lange hell ist. Dieses Maximum ist in
Nordamerika zu sehen. Manche Astronomen vermuten, dass es dazwischen noch zu
kleineren Maxima durch Staubbänder aus den Jahren 1799 und 1833 kommen kann.
Vorhersagen verschiedener Gruppen (Stand 08.11.2002):
Maximum (MEZ) |
Rate / Stunde |
Dauer (Minuten) |
5.03 Uhr |
3.500 |
106 |
7.36 Uhr |
160 |
|
11.40 Uhr |
2.600 |
122 |
nach: Esko Lyytinen, Tom Van Flanderen und Markku Nissenen |
Maximum (MEZ) |
Rate /Stunde |
Dauer (Minuten) |
4.48 Uhr |
5.900 |
38 |
5.50 Uhr |
51 |
241 |
6.59 Uhr |
28 |
288 |
11.23 Uhr |
5.400 |
36 |
nach: Peter Jenniskens |
Maximum (MEZ) |
Rate / Stunde |
Dauer (Minuten) |
5.04 Uhr |
3.100-3.700 |
120 |
11.47 Uhr |
2.700-3.300 |
180 |
nach:
Jérémie Vaubaillon und Francois Colas |
Maximum (MEZ) |
Rate /Stunde |
Dauer (Minuten) |
4.56 Uhr |
810-2.000 |
130 |
11.34 Uhr |
2.900-6.000 |
71 |
nach:
Robert McNaught und David Asher |
Wahrscheinlich wird das erste Maximum einen größeren Anteil an helleren Leoniden
enthalten, weil diese älter sind und weniger kleinere Staubteilchen enthalten.
Nur das erste Maximum kann von Europa aus beobachtet werden. Gegen 05:50 MEZ
setzt die Morgendämmerung in Mitteleuropa ein. Die anderen Maxima finden deshalb
bei uns in Mitteleuropa während der hellen Tagesstunden statt.
Leider stört der fast volle Mond die Beobachtung. Dadurch werden schwächere
Leoniden kaum zu beobachten sein.
Allerdings steht der Mond zum Zeitpunkt des zu
erwartenden Maximums schon sehr tief im Westen, sodass sein Einfluss nicht mehr
so stark ist. Sollten wie 1999 wieder viele helle Leoniden erscheinen, wird es
trotzdem wieder einen beeindruckenden Leonidensturm geben.
Beobachtungen können gegen 22:30 MEZ beginnen. Etwa um diese Zeit geht der Radiant, der vermeintliche Ausstrahlungspunkt auf. Die ersten sichtbaren
Leoniden streifen die obere Erdatmosphäre und können dabei Leuchtspuren
erzeugen, die sich von Osten nach Westen fast über den ganzen Himmel ziehen.
Anfangs tauchen Leoniden vorwiegend im Osten auf. Später während des Maximums
erscheinen sie überall am Himmel.
Der Beobachtungsort sollte möglichst dunkel sein und freie Sicht in alle
Richtungen bieten. Innerhalb geschlossener Ortschaften stört die
Straßenbeleuchtung so stark, dass viele Sternschnuppen nicht zu sehen sind.
Allerdings ist es von Vorteil, wenn man aus dem Mondschatten hinter einem
Gegenstand (Gebäude, Bäume) beobachtet. Die Augen sind dann weniger geblendet
und schwächere Leoniden sind zu sehen. Wer die Leoniden beobachten will, dem
bietet sich dieses Jahr die letzte Chance dazu, denn alle Modelle sind sich
darin einig, dass es in den folgenden 80 Jahren wohl nicht mehr zu einem starken
Leonidenmaximum kommen wird.
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