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METEOROIDE
Die Rückkehr des Tauriden-Komplexes
von
Hans Zekl
für
astronews.com
17. Juni 2002
Ein besonders heller Meteor, der Anfang April für Aufregung
sorgte, flog überraschenderweise auf einer Bahn, die fast identisch mit
einem Meteoriten ist, der 1959 in der Tschechoslowakei niederging (astronews.com
berichtete). Das könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass auch
größere meteoritische Körper existieren, die in Schwärmen durch das
Sonnensystem fliegen. Einer davon ist der Tauriden-Komplex, dessen
größere, tonnenschwere Mitglieder nun wieder in Erdnähe kommen.
Die Feuerkugelnetz-Station Streitheim bei Augsburg zeichnete
Anfang April die
Spur des Meteoriden über dem südbayerischen Nachthimmel auf
(unten im Bild) Foto: DLR |
Es ist kurz nach 7 am Morgen des 30. Juni 1908 in der sibirischen Taiga
in der Nähe der Steinigen Tunguska, als ein greller Lichtblitz einer
Explosion am Himmel zu sehen ist. Kurz danach fegt eine gewaltige
Druckwelle Millionen Bäume um. 6000 Quadratkilometer sibirischer
Landschaft werden vernichtet oder stark beschädigt. Noch in 300 km
Entfernung berichten Zeugen von einer blendend weißen Leuchterscheinung.
Seismographen auf der ganzen Welt registrieren 2 Erschütterungen aus dem
betroffenen Gebiet. Dennoch wird erst 1927 eine Expedition nach Sibirien
geschickt, um nach den Ursachen zu forschen. Sie findet zwar eine
zerstörte Landschaft, aber keinen Krater.
Im Laufe der Jahrzehnte gab es allerlei Spekulationen über die Ursache.
Ein abgestürztes außerirdisches Raumschiff, ein Schwarzes Loch und andere werden
vorgeschlagen. Aber ernsthafte Wissenschaftler vermuten eher, dass ein
Asteroid oder das Bruchstück eines Kometen in der oberen Lufthülle der
Erde explodierte, die Mitglied der Tauriden waren. Die Tauriden treten
zweimal im Jahr auf. Ein Teilstrom ist in der Zeit vom 23. Juni bis zum 7.
Juli zu beobachten, der andere vom 20. Oktober bis zum 25. November. Der
erste Teilstrom ist aber am Tage aktiv und deshalb nur mit Radio oder
Radar zu erfassen.
Astronomen vermuten, dass die Tauriden Überreste eines riesigen Kometen
sind, der vor etwa 10 000 Jahren zerbrach. Beobachtungen zeigen, dass im
Tauriden-Komplex Objekte von der Größe eines Staubkorns bis zu Kilometer
großen Brocken enthalten sind. Der Komet Encke, der in etwas mehr als 3
Jahren die Sonne umrundet, ist in dieser Trümmerwolke das größte
Bruchstück. Im Laufe der Jahrtausende haben sich die Überreste des
ursprünglichen Kometen durch die Störungen der Planeten entlang seiner
ehemaligen Bahn verteilt. Darin eingebettet sind Schwärme größerer
Brocken, die zeitweise für einige Jahrzehnte die Erdbahn kreuzen. Dann
kann es zu erhöhten Aktivitäten großer und heller Tauriden kommen. Diese
Bahnkonstellationen treten in Abständen von einigen tausend Jahren auf.
Berechnungen von David Asher vom Armargh Observatory in Nordirland, der
durch seine guten Prognosen der Leoniden bekannt wurde, lassen die
Vermutung zu, dass um den 21. Juni ein Schwarm größerer Tauriden wieder in
Erdnähe kommt. 1975 registrierten die auf dem Mond von den
Apollo-Astronauten zurück gelassenen Seismometern die Einschläge
tonnenschwerer Brocken, die von mehreren Wissenschaftlern den Tauriden
zugeordnet werden. Ein weiterer für 1999 vorhergesagter Schwarm wurde
dagegen nicht beobachtet. Aber eine Vorhersage für den November 1998
konnte bestätigt werden.
Zwischen dem 20. und dem 23. Juni sind ungewöhnliche Ereignisse am
wahrscheinlichsten. Der Ausstrahlungspunkt dieser Tauriden liegt aber nahe
bei der Sonne. Dennoch besteht eine geringe Chance den einen oder anderen
Feuerball am Taghimmel oder während der Dämmerung zu sehen. Daneben können
leuchtende Nachtwolken auftreten, die zumindest teilweise durch
Meteorstaub hervor gerufen werden.
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