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CHANDRA
Eine neue Form von Materie?
von Stefan Deiters
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11. April 2002

Mit Hilfe des US-Röntgenteleskops Chandra haben Astronomen zwei Sterne beobachtet, deren Eigenschaften das Standardmodell über die Struktur der Materie gehörig durcheinander bringen könnten: Der eine ist für die aktuellen Theorien zu klein, der andere zu kalt. Beginnt damit ein neues Kapitel der Elementarteilchenphysik?

3C58
 
Die Chandra-Aufnahme des Supernova-Überrestes 3C58 (oben) und des Objektes RXJ1856.5-3754.
Fotos: NASA/CXC/SAO/P.Slane et al. (3C58), J. Drake et al. (RXJ1856.5-3754)

RXJ1856.5-3754

Die neuen Beobachtungen des US-Röntgenteleskops der Sterne RXJ1856.5-3754 und 3C58 legen nahe, dass die Materie ihn ihnen deutlich dichter ist als in Materie die man bislang kannte. Es könnte sich, so die Spekulation der Wissenschaftler, um Sterne handeln, die aus Quarks bestehen oder aber aus Kristallen aus subnuklearen Partikeln, die für gewöhnlich nur eine sehr kurze Lebensdauer haben.

Grund für diese Thesen sind die Daten, die die Forscher aus Beobachtungen von RXJ1856.5-3754 und 3C58 für diese Objekte errechneten. Durch Kombination von Chanrda- und Hubble-Beobachtungen entdeckten die Astronomen, dass sich das Objekt RXJ1856.5-3754 wie ein fester Körper mit einer Temperatur von 700.000 Grad Celsius verhält und einen Durchmesser von nur 11,3 Kilometern hat. Damit aber ist der Stern zu klein, um zur Theorie für Neutronensterne zu passen. Neutronensterne galten bislang als die Sterne mit der größten Materiedichte.

"Wenn man sich die Daten ansieht, deutet einiges darauf hin, dass dieser Stern nicht aus Neutronen besteht, sondern aus Quarks in der Form einer bislang unbekannten Quarkmaterie", so Jeremy Drake vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge. "Quarks gelten als die fundamentalen Bausteine von Kernpartikeln und wurden bislang nie außerhalb eines Atomkerns in Laboratorien nachgewiesen." Ein Atomkern besteht aus positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen. Protonen und Neutronen wiederum bestehen den oben erwähnen Quarks. Um sie auf der Erde nachzuweisen muss man in riesigen Beschleunigeranlagen Atomkerne aufeinanderprallen lassen und die Bruchstücke nach Indizien dieser elementarsten Partikel absuchen.

Auch die Beobachtungen des Supernova-Überrestes 3C58 barg für die Forscher eine Überraschung: Der Überrest des Sterns, dessen Explosion vermutlich von chinesischen und japanischen Astronomen im Jahre 1181 beobachtet wurde, scheint nach den Chandra-Daten deutlich kälter zu sein als es die aktuellen Theorien vorhersagen. "Unsere Beobachtungen von 3C58 stellen den ersten Test von Modellen über das Abkühlen von Neutronensternen dar und die Modelle sagen die falschen Werte voraus", so David Helfand von der Columbia University in New York. Neutronensterne bestehen aus einer extrem dichten Form der Materie - ein Teelöffel Neutronenstern-Materie würde Milliarden Tonnen wiegen.

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Im Falle von RXJ1856.5-3754 besteht allerdings noch Hoffnung, die bislang gültigen Modelle zu retten: Man könnte das Objekt auch als normalen Neutronenstern erklären, der allerdings über einen heißen Fleck verfügen muss. Allerdings müsste sich der Stern in einer ganz besonderen Orientierung zur Erde befinden, da der heiße Fleck sonst zu Helligkeitsschwankungen führen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass RXJ1856.5-3754 in dieser besonderen Orientierung liegt ist nach Ansicht der Forscher sehr gering.

"Wie sich auch immer diese mysteriösen Funde erklären lassen, die Beobachtungen sind wissenschaftlich extrem wichtig", so Michael Turner von der Universität von Chicago. "Sie beweisen nämlich, dass wir die Fähigkeit besitzen, das Universum als unser Labor zu benutzen und dort fundamentale physikalische Probleme zu studieren."

Links im WWW
Chandra X-ray Observatory, Seite der NASA
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