Das System von gigantischen Tälern, die eine Breite von bis zu 200 Kilometern
erreichen, liegt teilweise verborgen unter dichten Schichten aus vulkanischen
Lavaflüssen, Asche und Staub. Die urzeitlichen Täler wurden mit Hilfe des
Mars Orbital Laser Altimeter (MOLA) an Bord der NASA-Sonde Mars Global
Surveyor entdeckt. Die Forscher fanden die so genannten Northwestern
Slope Valleys (NSV) nordwestlich des riesigen Marsvulkans Arsia Mons und
südlich der Amazonis Planitia, die als urzeitlicher Ozean angesehen wird. Die
jetzt entdeckten NSVs sind zehnmal größer als alle bisher bekannten
Kanalsysteme, die durch fließendes Wasser entstanden sind und die beste
Erklärung für ihre Entstehung ist nach Ansicht der Forscher eine gewaltige Flut,
bei der bis zur 50.000fachen Wassermenge des irdischen Amazonas dort entlang
floss.
"Die Entdeckung dieser Kanäle als Beweis für enorme Fluten in der frühen
Marsgeschichte ist von enormer Bedeutung, da sie die These von einem Ozean oder
riesigen Seen in der nördlichen Ebene des Mars unterstützen", schreiben James M.
Dohm von der Universität von Arizona und seine Kollegen in einem jüngst
veröffentlichten Beitrag für das Journal of Geophysical Research. Rechnet
man die Wassermengen hoch, könnte man einen riesigen Ozean, der etwa ein Drittel
des Volumens des indischen Ozeans hätte, innerhalb von nur wenigen Wochen
füllen. "In der Tharsis Region gab es immer wieder größere vulkanische
Aktivität, die katastrophale Fluten ausgelöst, Täler gegraben und Ozeane
geschaffen hat, was wiederum das Klima beeinflusst haben dürfte", so Dohm. Die
Forscher gehen daher davon aus, dass es nicht nur eine, sondern mehrere solcher
gewaltiger Fluten gab.
Dohm und seine Kollegen sind schon seit mehr als zehn Jahren dabei, die
Oberfläche des Mars zu kartieren - teilweise noch mit Daten der Viking-Missionen.
Dabei entdeckten sie diverse Landschaftsstrukturen, die sie auf den Einfluss von
Wasser zurückführen. Die Forscher ermittelten auch das relative Alter der
Strukturen und fanden heraus, dass etwa ein Viertel erst vor relativ kurzer Zeit
entstanden sein muss. Was dabei "relativ kurz" heißt, könnten erst Bodenproben
vom Mars sicher klären. Doch zusammen mit den neuen Daten des Mars Global
Surveyors unterstützen die Untersuchungen von Dohm und Kollegen die These,
dass es eine Zeit auf dem Mars gab, zu der der rote Planet einmal ein feuchterer
und wärmerer Ort war.
Eine Theorie über den Mars besagt, dass langfristig Wasser gefroren als Eis
im Marsboden lagert, da es auf dem Mars wegen der Entfernung zur Sonne und den
atmosphärischen Bedingungen recht kalt ist. Doch manchmal wird das Wasser im
Boden durch Wärme aus dem Inneren des Planeten - beispielsweise durch Vulkane -
so aufgeheizt, dass es in dramatischen Fluten frei wird und auf die
Marsoberfläche gelangt. Hier kann es ganze Ozeane bilden. Kohlendioxid, das in
die Atmosphäre gelangt, sorgt dank des Treibhauseffektes für etwas wärmeres
Klima so dass sich das Wasser in den Ozeanen in flüssiger Form halten kann. Doch
langsam dürfte das Wasser wieder versickert und durch Schnee und Regen der
Kohlendioxidgehalt der Marsatmosphäre gesunken sein. Der Mars erstarrte so
wieder langsam in eisiger Kälte.