Tief unter dem Eis der Antarktis versuchen Astronomen den wohl meist gesuchten Teilchen im Universum auf die Spur zu
kommen: den Neutrinos. Jetzt gelang es erstmals mit der eineinhalb
Kilometer im Eis gelegenen Anlage hochenergetische Neutrinos aus dem
Weltraum nachzuweisen. Für die Forscher der Beweis, dass ihr neuer
Detektor funktioniert und möglicherweise die Vorstufe für eine ganz neue
Art der astronomischen Forschung.
Einer
der AMANDA-Detektoren. Foto: Jeff Miller/Univ. von
Wisconsin |
In der aktuellen
Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature berichtet das internationale
Wissenschaftlerteam über ihren ersten Erfolg, die Entdeckung hochenergetischer
Neutrinos mit dem AMANDA-Teleskop, einem neuartigen Detektor tief im
antarktischen Eis. Mit AMANDAs Hilfe - oder einem noch größeren Nachfolger -
wollen die Forscher den subatomaren Partikeln auf die Spur kommen, die aus den
Tiefen des Alls zur Erde gelangen und vermutlich bei den gewaltigsten
Ereignissen im Weltall entstanden sind. In Frage kommen hier beispielsweise
Kollisionen von Schwarzen Löchern oder die Quellen der ominösen
Gammastrahlen-Ausbrüche.
"Wir haben nun
gezeigt, dass unsere Technik funktioniert", freute Francis Halzen,
Professor an der Universität von Wisconsin-Madison. "Wir haben hier einen
einzigartigen Detektor der empfindlicher ist als andere Experimente und die
Neutrinos, die wir gesehen haben, haben eine größere Energie als alle, die
bisher gefunden wurden."
Neutrinos sind
ungeladene, unsichtbare und quasi masselose Partikel, die selbst kosmologisch
interessante Entfernungen zurücklegen können. Ihr größter Vorteil ist auch
ihr größter Nachteil: Im Gegensatz zu beispielsweise Photonen können
Neutrinos ungehindert Sterne, gewaltige Magnetfelder und ganze Galaxien
durchlaufen. Herauszufinden woher die Neutrinos stammen, die ständig durch die
Erde strömen, könnte den Astronomen ganz neue Beobachtungsmöglichkeiten
eröffnen. Sie sind quasi Boten vom Rand des Universums.
Die Kehrseite ist
allerdings, dass sich Neutrinos nur äußerst schwer entdecken lassen, da sie
auch wissenschaftliche Experimente ungestört durchlaufen. Um diesen
Teilchen nun auf die Spur zu kommen, haben Wissenschaftler eineinhalb Kilometer
im Eis der Antarktis ein Netz von Detektoren vergraben, das
AMANDA-Teleskop. Es soll nicht etwa die Neutrinos über der Antarktis
aufspüren, sondern diejenigen der nördlichen Hemisphäre. AMANDA schaut quasi durch die Erde. Die Hoffnung ist, dass auf diese Weise alle
anderen Störungen herausgefiltert werden und tatsächlich nur Neutrinos überbleiben.
Das AMANDA-Teleskop
besteht aus 677 optischen Modulen, die in einem Zylinder von 500 Meter Höhe und
120 Meter Durchmesser angeordnet sind. Die Forscher hoffen nun darauf, dass
irgendwann einmal ein Neutrino frontal mit einem anderen Teilchen - beispielsweise
mit einem Proton - zusammenstößt. Dann nämlich entsteht ein anderes subatomares
Teilchen, ein Myon, das sich durch eine bläulichen Lichtspur verrät, die auch
Rückschlüsse auf die Herkunft des Neutrinos zulässt - einem langgehegten
Traum der Astronomen.
Die Neutrinos, die
AMANDA entdeckt hat, stammen allerdings nicht aus so weiter Ferne. Sie sind nach
den Ergebnissen der Forscher in der Erdatmosphäre durch kosmische Strahlung
entstanden. Für das AMANDA-Team zeigt diese Entdeckung aber, dass ihr Verfahren
funktioniert. "Nun können wir damit beginnen, Astrophysik zu machen",
so einer der Teammitglieder. Es liegen auch schon Pläne vor, einen noch
größeren Detektor namens IceCube zu bauen, der aus 4.800 Modulen
bestehen soll. Durch ihn würden quasi ein Kubikkilometer antarktisches Eis in
das weltgrößte wissenschaftliche Instrument verwandelt.