Im Mittelpunkt der Untersuchungen mit dem Röntgenteleskops Chandra
stand eine Region namens Sagittarius A East, die bisher durch ihre
ringförmige Radioemission aufgefallen war. Sie scheint das Schwarze Loch
Sagittarius A* in gewisser Weise zu umschließen und ihr Mittelpunkt liegt
etwa sechs Lichtjahre vom Ort des Schwarzen Loches entfernt. Zum ersten
Mal gelang es mit Chandra nun, Sagittarius A East von
den anderen komplexen Strukturen im Röntgenbereich zu trennen.
Das Ergebnis der Beobachtungen unterstützt eine schon seit längerem
bestehende Hypothese: Sagittarius A East ist der Überrest einer
Supernova, die vor rund 10.000 Jahren explodiert ist. "Mit Chandra
fanden wir heißes Gas, das in der größeren Struktur von Sagittarius
A East konzentriert ist, die man im Radiobereich sehen kann",
erläutert Yoshitomo Maeda von der Pennsylvania State University
die Beobachtungen. "Das Gas enthält einen hohen Anteil von schweren
Elementen, beispielsweise viermal mehr Kalzium und Eisen als in der Sonne.
Dies bestätigt den früheren Verdacht, dass Sagittarius A East
sehr wahrscheinlich der Überrest einer Supernova ist. Es sind zwar
Dutzende Supernova-Überreste in unserer Galaxis bekannt, doch macht die
Nähe zum Schwarzen Loch im Zentrum diese Supernova besonders
interessant."
Die Supernova-Explosion könnte nämlich auch für das Schwarze Loch
Auswirkungen gehabt haben: Durch gewaltige Schockwellen, so die Theorie
der Forscher, könnte eine große Menge an Gas in das Schwarze Loch
"hineingeschwemmt" worden sein. Danach allerdings gab es dann
erst einmal eine Periode, wo das Schwarze Loch kaum noch Material
zugeführt bekam und es quasi hungern musste. "Die wichtige Frage
ist, welchen Effekt das durch die Schockwelle mitgerissene Gas in seiner
Umgebung bewirkt hat", meint Frederick Baganoff vom Massachusetts
Institute of Technology. "Es könnte in der jüngeren
Vergangenheit das Schwarze Loch erreicht haben und ein großer Teil vom
ihm wäre dann verschluckt worden."
Wenn ein Schwarzes Loch Materie anzieht, wird diese fast bis auf
Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, was zum Freiwerden von ungeheuren
Energiemengen führt. Ein großer Teil davon wird als Röntgenstrahlung
abgestrahlt, die das umliegende Gas ionisieren kann. Da das Schwarze Loch
derzeit recht wenig Röntgenstrahlung aussendet, glauben die
Wissenschaftler, dass die Schockwelle der Supernova-Explosion das Schwarze
Loch schon vor einiger Zeit erreicht hatte. Und tatsächlich haben
Radioastronomen schon früher herausgefunden, dass das Gas in der Umgebung
des Schwarzen Loches ionisiert ist. Die Wissenschaftler nehmen sogar an,
dass dieses Zusammentreffen von Schockwelle und Schwarzem Loch und die
daraus resultierende heftige Strahlung erst vor einigen hundert Jahren
passiert sein könnte. Das wäre auch eine Erklärung für das ionisierte
Gas.
Interessant sind die Ergebnisse nicht nur für das Zentrum unserer
Milchstraße: Vielleicht, so die Wissenschaftler, regulieren
Supernova-Explosionen ja auch in vielen anderen Galaxien die Aktivitäten
im Zentrum. Nach aktuellen Theorien befindet sich im Zentrum der meisten Galaxien ein Schwarzes
Loch. Eine Supernova-Expolsion könnte hier jeweils für eine Periode
großer Aktivität und Helligkeit des Zentrums sorgen. Solche Zentren von
Galaxien nennen die Astronomen aktive Galaxienkerne. Es könnte also sein,
dass eine einzelne Supernova-Explosion einen solchen Galaxienkern quasi ein- und
ausschaltet.