"Mit 200
Entdeckungen ist SOHO mit Abstand der beste Kometenjäger", unterstreicht
Brian Marsden vom Minor Planet Center der Harvard Universität. "Das
automatische LINEAR-Programm hat bisher rund 50 Kometen aufgespürt, der beste
menschliche Kometenjäger ist Carolyn Shoemaker mit über 30 Entdeckungen."
Eigentlich hat SOHO eine ganz andere Aufgabe, als diese schmutzigen Schneebälle
zu jagen: Das Weltraumobservatorium soll das Innere der Sonne, ihre Atmosphäre
und den Sonnenwind studieren und damit eine Vorhersage des sogenannten
Weltraumwetters ermöglichen. Solare Eruptionen und geomagnetische Stürme
können nämlich den Betrieb von Satelliten empfindlich stören.
"Keine hat daher erwartet, dass wir mit SOHO all diese Kometen finden,
als wir das Observatorium vor fast fünf Jahren gestartet haben", erinnert
sich Sonnenphysiker Doug Biesecker vom Goddard Space Flight Center.
"Das war schon eine große Überraschung." Die Kometen, die SOHO
entdeckt, müssen der Sonne sehr nahe kommen, was dazu führt, dass die meisten
kurz nach ihrer Entdeckung längst nicht mehr existieren. Dieses Schicksal teilt
auch der Komet SOHO-200, dessen gefrorener Kern in der Nähe der Sonne schnell
verdampfte. Die Entdeckungen gelingen mit Hilfe der Koronagraphen an Bord von
SOHO. Bei dieses Geräten wird die helle Sonnenscheibe ausgeblendet, so dass die
Korona und die umliegenden Sterne und Planeten sichtbar werden, die sonst von
der Sonnen überblendet worden wären.
Die Bilder der Koronagraphen werden alle 30 Minuten aktuell auf die Webseite
des Observatoriums gestellt und etwa jede Woche erscheint auf einem dieser
Bilder ein Komet. Und da die Bilder für die Netzgemeinde und die
Wissenschaftler gleichzeitig veröffentlicht werden, hat im Prinzip jeder die
Chance, einen Kometen mit SOHOs Hilfe zu entdecken. Doch nicht nur das:
"Kurz nach der Entdeckung des hundertsten Kometen habe ich in einer E-Mail
kurz erwähnt, dass man vielleicht auch auf den Bildern eines zweiten
Koronagraphen, der den sonnennäheren Teil der Korona überwacht, Kometen finden
könnte", erzählt Biesecker. Mit dieser Information begann eine wahre
Lawine von Kometenfunden - und der 200. Komet wurde auf einem Archivbild aus dem
April 1997 von einem Amateurastronomen aufgespürt.
Bei den Kometen, die auf den SOHO-Aufnahmen zu entdecken sind, handelt es
sich um sogenannte Sungrazer, die der Sonne extrem nahe kommen. Man
vermutet, dass die meisten von ihnen das Produkt eines riesigen Kometen sind,
der vor langer Zeit zerbrochen ist. Marsden vermutet gar, dass es sich dabei um
den Kometen handeln könnte, den der griechische Astronom Ephorus im Jahr 372
vor Christus beobachtet hatte. Er berichtete, dass sich der Komet in zwei Teile
geteilt habe. "Allerdings ist die Verbindung zwischen dem Ephorus-Kometen
und den Sungrazern recht spekulativ", warnt Marsden.
Wer sich selbst einmal als Kometenjäger versuchen will, hat dazu auf einer
speziell eingerichteten Webseite Gelegenheit. Allerdings bitten die
Wissenschaftler vom Goddard Space Flight Center darum, dass man - wenn
man glaubt, einen Kometen entdeckt zu haben - erst einmal sorgfältig die
grundlegenden Kriterien zu studieren, bevor man sich mit den Astronomen in
Verbindung setzt. Bestätigte Entdeckungen werden dann auf der Webseite des
Projektes veröffentlicht. Ein Wehrmutstropfen bleibt für die
Amateurkometenjäger: Die SOHO-Kometen tragen nicht den Namen des Entdeckers,
sondern den Namen des Observatoriums.
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SOHO
Sungrazer,
Kometensuche auf Echtzeit-Bildern von SOHO
SOHO,
Projektseiten der ESA
SOHO, Projektseiten der
NASA
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