HUBBLE HERITAGE PROJEKT
M15
und ein Stern, den es nicht geben dürfte
von Stefan
Deiters
astronews.com
4. August 2000
In diesem Monat veröffentlichte das Team des Hubble-Heritage-Projektes
eine Aufnahme des Kugelsternhaufens M15, die so bearbeitet wurde, dass sie
die tatsächlichen Farben zeigt. Unter den Hunderttausenden von
Sternen gibt es einen, den es eigentlich nicht geben sollte: einen
planetarischen Nebel.
Der
Kugelsternhaufen M15. Foto:
NASA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) |
Der Kugelsternhaufen Messier 15 oder kurz M15 befindet sich in etwa
40.000 Lichtjahren Entfernung im Halo unserer Milchstraße. Er gehört zu einem
System von etwa 150 Kugelsternhaufen, die unsere Galaxis umrunden. Das besondere
an diesen kugelförmigen Ansammlungen von Hunderttausenden Sternen ist, dass sie
vermutlich zu den ältesten Bestandteilen in unserer Milchstraße gehören. Man
schätzt das Alter der Haufen auf rund 12 Milliarden Jahre - unsere Sonne ist
gerade einmal 4,6 Milliarden Jahre alt.
Die hellsten Sterne auf der Aufnahme sind die sogenannten Roten Riesen.
Sie sind an ihrer orangen Farbe zu erkennen, die auf ihre - im Vergleich zu
unserer Sonne - geringere Oberflächentemperatur zurückzuführen ist. Die
lichtschwächeren Sterne des Haufens sind heißer, was für eine
bläulich-weiße Farbe sorgt. Würde man im Zentrum von M15 leben, würden am
Himmel Tag und Nacht Tausende von hellen Sternen leuchten.
Unter den vielen Sternen verbirgt sich eine astronomische Besonderheit: In
der linken oberen Hälfte des Bildes erkennt man ein leicht lila schimmerndes
Objekt, das unter dem Namen Kuestner 648 bekannt ist. Es wurde 1928
als erster sogenannter planetarischer Nebel in einem
Kugelsternhaufen entdeckt - bis heute sind nur drei weitere in
Kugelsternhaufen bekannt.
Ein planetarischer Nebel entsteht, wenn ein Stern sein nukleares
Leben aushaucht und dabei einen großen Teil seiner äußeren Hülle ins
All abstößt. Die ultraviolette Strahlung des Sterns bringt das
abgestoßene Gas zum Leuchten und sorgt so meist für ein
farbenprächtiges Schauspiel.
Die Beobachtungen mit
dem Hubble-Weltraumteleskop ergaben, dass
Kuestner 648 eine Masse von etwa 60 Prozent der Masse unserer Sonne hat
und das er seine Hülle wohl vor rund 4000 Jahren abgestoßen hat. Und genau
hier liegt das Problem: Astronomen gehen eigentlich davon aus, dass Sterne, die
weniger Masse haben also unsere Sonne keine planetarischen Nebel mehr bilden, da
ihre Entwicklung zu langsam vor sich geht. Auf der anderen Seite kann man
ausrechnen, dass wegen des hohen Alters des Kugelsternhaufens dort nur noch
Sterne existieren dürfen, die maximal 80 Prozent der Masse unserer Sonne haben.
Je weniger Masse ein Stern hat, desto länger dauert sein nukleares Leben. Aus
diesem Grunde dürfte es eigentlich keine planetarischen Nebel in M15
geben.
Doch offenbar gibt es
mit Kuestner 648 ein solches Objekt. Die Astronomen vermuteten
nun, dass der Stern, der den Nebel erzeugt hat, eventuell noch einen Begleiter
hatte, von dem er Materie abgezogen hat, um so die "kritische Masse"
zu erreichen. Mit den Hubble-Beobachtungen sollte nun gezielt nach einem
solchen Begleiter gesucht werden, doch gefunden wurde nichts. Kuestner 648 hat
also sein Geheimnis zunächst gewahrt. Bliebe noch eine spektakuläre zweite
Möglichkeit: Der Vorgängerstern von Kuestner 648 waren eigentlich zwei
Sterne, die kollidiert und verschmolzen sind, so dass jetzt nur noch ein
Zentralstern in der Mitte des Nebels auszumachen ist.
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