Einige Wissenschaftler werden während der
Sonnenfinsternis am kommenden Mittwoch vermutlich nicht zur Sonne,
sondern auf ein Pendel starren und jede Änderung der Schwingung
akribisch registrieren. Geklärt werden soll nämlich, ob durch eine
Sonnenfinsternis die Schwingung eines Foucault'schen Pendels beeinflusst
wird.
Auf der Weltausstellung 1851 demonstrierte Jean Bernard Leon Foucault
mit Hilfe eines Pendels, dass sich die Erde dreht: Alles was man benötigt
ist ein Gewicht, das möglichst an einem langen Seil aufgehängt wird und
das man dann pendeln lässt. Man beobachtet, dass sich die Richtung in der
das Pendel schwingt im Laufe der Zeit ändert, was allerdings eine
optische Täuschung ist: In Wirklichkeit bleibt die Richtung in der das
Pendel schwingt immer die gleiche, nur die Erde dreht sich unter dem
Pendel weg.
Im Jahr 1954 machte Maurice Allais ein gewaltiges Experiment: In seinem
Pariser Laboratorium startete er einen Monat lang alle 14 Minuten einen
Foucault'schen Pendelversuch und verfolgte die Drehungen der Pendel Tag
und Nacht. Sein Versuch fiel mit einer Sonnenfinsternis zusammen und so
machte Allais eine bemerkenswerte Entdeckung: Hatten sich die Pendel vor
und nach Finsternis vollkommen normal verhalten, änderten sie während
der zweieinhalb Stunden dauernden Finsternis ihren Drehwinkel um 13,5
Grad.
Allais, der 1988 den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt, konnte dieses
Ergebnis 1959 noch einmal reproduzieren. Andere Wissenschaftler erhielten
unterschiedliche Ergebnisse, manche fanden Änderungen der Pendelbewegung
während einer Sonnenfinsternis, andere nicht.
Während der europäischen Sonnenfinsternis am kommenden Mittwoch
hoffen die Wissenschaftler nun klären zu können, ob alle bisherigen
positiven Befunde das Ergebnis von Messfehlern oder lokalen Einflüssen
waren oder ob es tatsächlich die von Allais gefundenen Effekte gibt. Dazu
sollen auf der ganzen Welt Foucault'sche Pendel beobachtet und mit
Gravimetern Änderungen in der Gravitationskraft gemessen werden.
Die richtige Arbeit dürfte für die Wissenschaftler aber erst
beginnen, wenn sie tatsächlich herausfinden sollten, dass die
Sonnenfinsternis Einfluss auf die Pendelschwingung hatte. Dann muss dieser
Effekt nämlich erklärt werden: Die Spekulationen reichen zur Zeit von
Einflüssen solarer Strahlung über Gravitationswellen bis hin zu einer
Anisotropie des Raumes, was bedeutet, dass der Raum unterschiedliche
Eigenschaften in verschiedenen Richtungen hat.