Dies ist ja ein nicht direkt naturwissenschaftlicher Thread, somit kann ich auch mal gegen meine Neutralität verstossen.
Bevor ich aber ein "Zeugnis" über meinen Glauben ablege - das habe ich meiner Erinnerung nach übrigens schon mal irgendwo hier getan - möchte ich nochmals betonen, worauf es mir ankommt: Es kommt mir nicht darauf an, einen bestimmten Glauben in den hiesigen Diskussionen zu favorisieren, sondern es kommt mir darauf an, dass man naturwissenschaftliche Diskussionen eben glaubensneutral führen sollte, also weder Pro-Gott noch Anti-Gott. So gesehen wird es völlig unerheblich, was ich glaube.
Aber ich habe nichts zu verschweigen: Ich glaube, dass Gott omnipotent ist, dass er die Welt in ihrer Gesamtheit - notfalls mit überabzählbar unendlich vielen Multiversen oder Parallel-Universen oder wie auch immer - geschaffen hat; somit hat er auch die Naturgesetze geschaffen - möglicherweise auch, was vermutlich Deinen Analysen näher käme - die logischen Gesetze, aus denen sich die Naturgesetze ableiten. Es ist also durchaus möglich, dass Gott nur den Energieerhaltungssatz und die Heissenberg'sche Unschärfe-Relation geschaffen hat und unser Universum letztlich nur eine Quantenfluktuation ist, die solche Randbedingungen hatte, dass sie bis heute stabil überdauern konnte.
Selbstverständlich kann Gott somit in alle Naturgesetze eingreifen und selbstverständlich ist unser menschliches Logikverständnis für Gott in seiner Allmacht nicht bindend. Hier ist also genau der Punkt, wo Du mit deiner Aussage "irrst" bzw. das Paradoxon, dass ein allmächtiger Gott einen Stein schaffen könne, der so schwer ist, dass er ihn selber nicht hochheben kann, unzutreffend wird: Dies ist alles menschliche Logik; woher wollen wir denn wissen, ob diese Logik wirklich "allumfassend" und allgemeingültig ist ?
Zudem ist Gott ein liebender Gott, also nicht bösartig oder strafliebend und deswegen hat er uns ja Hilfen in die Welt gesetzt, die uns helfen, zu bestehen - ja schliesslich sogar seinen einzigen Sohn, um uns Menschen zu erretten. Auch der Bibel kommt in diesem Zusammenhang eine herausragende Rolle zu, wobei ich auch glaubensmässig nicht weiss, ob Gott nun die Bibel selber geschrieben hat oder ob er seinen Propheten die Aufgabe gegeben hat, sie zu schreiben und er sie nur geeignet inspiriert hat; diese Fragestellung ist für mich aber auch nicht sonderlich relevant. Schon öfters habe ich geschrieben, dass die Bibel kein Physikbuch ist, sondern ein Glaubensbuch und folglich wird es nicht schwer sein, in so einem Buch nach Widersprüchen zu suchen. Man kann aus der Bibel "gute" Sachen herauslesen und sein Leben damit bereichern; man kann die Bibel auch nach Widersprüchen durchforsten und dann alles als inkonsistent ablehnen, wohl ignorierend, dass diese Widersprüche nicht die Kernaussagen der Bibel betreffen. Leider gibt es auch sehr schwierige Stellen in der Bibel. Passagen, in denen mein Gerechtigkeitsempfinden massiv verletzt wird; Völkermorde und Glorifizierungen von Tötungsdelikten, bei denen der Täter eben vom Heiligen Geist erfüllt gehandelt habe; oder aber die völlige Ungleichheit von Mann und Frau: es ist ganz klar, dass man als mündiger Glaubender solche Stellen sehr kritisch hinterfragen muss und nicht einfach blindlings befolgen darf; oftmals ist ein genaueres Studium des Urtextes und des jeweiligen historischen Kontextes wenigstens ein Stück weit hilfreich, aber auch nicht immer. Den Glauben zu leben ist ein sehr aktiver Prozess und keinesfalls ein Nachplappern jahrtausenderalter Floskeln.
Und seien wir doch mal ehrlich: Wenn der liebe Gott dem Moses gesagt hätte, anstelle der 10 Gebote eine Herleitung der Lorentz-Transformation sowie der Heissenberg'schen Unschärferelation oder gar die Bedeutung der Energieerhaltung in der allgemeinen Relativitätstheorie niederzuschreiben, und das vor über 3000 Jahren - wäre das wirklich so sinnvoll gewesen ?
Vielleicht noch etwas: Gott hat uns mit einem Gehirn geschaffen, das wir auch verwenden dürfen. Es ist auch aus Gottes Sicht nicht verboten, sich anzustrengen und Modelle zu erarbeiten, die unsere Welt mit naturwissenschafltichen Methoden und zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht sogar mit ganzheitlichen Methoden beschreiben kann. Es wird kaum Gottes Absicht sein, durch gezieltes Eingreifen Experimente nicht reproduzierbar zu machen und die Forscher in die Irre zu führen !
Sky Darmos schrieb:
Ich halte dein Label "aus Naturwissenschaftlicher Sicht" deshalb für unangebracht, da ich meine Glaubenskonzepte dort wo sie konkreter werden genauso logisch untersuchen zu können wie mathematische Konzepte.
Ich muss übrigens einräumen, dass ich nachträglich herausgefunden habe, dass Du Deine Beiträge bei weitem besser "labelst" als ich zunächst bemerkt habe.
Sky Darmos schrieb:
Deiner Aussage dein Glaube wäre weder beweisbar noch wiederlegbar kann ich nicht zustimmen.
Das hängt mit Deinen philosophischen "Axiomen" zusammen. Du kannst aber nicht beweisen, dass diese zutreffend sind.
Sky Darmos schrieb:
1) Sofern du glaubst Gott könne gegen die Naturgesetze verstoßen, wie ja dein vorletzter Beitrag suggeriert, so muss dein Glauben solange als unbestätigt gelten wie die Naturgesetze gestätigt werden. Weiterhin muss dein Glaube dann als logisch inkonsistent gelten, denn Naturgesetze werden logisch aus Grundprinzipien abgeleitet. Ein Verstoß gegen die Naturgesetze käme daher einem Verstoß gegen die Logik gleich.
Dazu habe ich oben bereits Stellung genommen. Im Übrigen sind "glauben" und "beweisen" zwei verschiedene Aktivitäten, die nicht sehr gut vergleichbar sind.
Sky Darmos schrieb:
2) Sofern du glaubst Gott hätte die Welt geschaffen und hätte sich aber in der Folgezeit aus allem Herausgehalten, so liegt deinem Glauben ein Konzept der ZEIT zugrunde das in der Form veraltet ist. Außerdem steht das im Gegensatz zu meiner Ansicht dass sich alle Naturgesetze inklusive der Existenz der Welt an sich, durch logische Argumente ableiten lassen. Das ist eine naturwissenschaftliche Ansicht. Du gerätst hier also in Konflikt mit naturwissenschaftlichen Konzepten.
Hier vermisse ich noch ein "Label" bezüglich Deiner Aussage zum Konzept der Zeit, wobei Du aber noch "Deine Ansicht" erläuterst, so dass für den Leser Deines Beitrages die Grundlage Deiner Aussagen ersichtlich wird. Im Übrigen glaube ich, dass sich Gott durchaus in unsere Angelegenheiten einmischt.
Sky Darmos schrieb:
3) Sollte "dein" Gott nur unsere Seelen erschaffen haben, wie ja auch die Katholische Kirche meint, dann bleibst du vor Konflikten mit deiner Wissenschaftlichkeit genau so lange verschont wie Bewusstsein noch nicht wissenschaftlich erklärt wurde.
Ich weiss, ich habe in einem anderen Thread solche Äusserungen gesehen, aber ich würde hier ein wenig vorsichtig sein und vorgängig einmal genau abklären, was die "katholische Kirche" wirklich glaubt. Sicherlich mehr als nur, dass Gott die Seelen erschaffen habe, zumal der Begriff der "Seele" auch nicht gerade sehr gut definiert ist.
Sky Darmos schrieb:
Ein Label ist dann aber immernoch unangebracht. Ich weigere mich meine Beiträge mit "aus logischer Sicht" oder "aus philosophischer Sicht" zu labeln.
Schade, ich würde das sehr hilfreich finden und es würde auch Missverständnisse reduzieren.
Sky Darmos schrieb:
Solche "Labels" sind ein Relikt der Zeit vor der Tendenz zur Vereinheitlichung. Um heute weiter zu kommen darf man nicht mehr "aus physikalischer Sicht", "aus biologischer Sicht", "aus philosophischer Sicht" oder sonst wie denken. Um weiterzukommen muss man wirklich alle Disziplinen bemühen!
Der ersten Aussage stimme ich nicht zu, Deinen disziplinenübergreifenden Ansatz indes finde ich sehr gut !
Sky Darmos schrieb:
Du kannst mir nicht unterstellen ich würde Anti-Gott beiträge schreiben, solange du mir noch nichtmal konkret wenigstens ein, zwei Eigenschaften Gottes nennen kannst.
Wie ganz oben gesehen ist das sehr wohl möglich, weil es ja nicht um eine konkrete Religion geht, sondern um den wissenschaftlichen Anspruch, gewisse Phänomene ausschliesslich naturwissenschaftlich erklären zu können und somit alle Gottheiten als "falsch" oder "fehlgeleitet" hinzustellen.
Sky Darmos schrieb:
Deine Aussage "Gott ist Liebe" sagt mir wirklich nichts. Der Bibel kann ich kein Gottes-Konzept entnehmen weil die Bibel genauso wenig Selbstkonform ist
Das finde ich persönlich sehr schade, ist aber für naturwissenschaftliche Betrachtungen nicht von Relevanz.
Sky Darmos schrieb:
wie Sekten deiner ansicht nach "nicht Bibelkonform" sind.
Immer wieder erstaunlich nachzulesen, was ich alles gesagt haben soll. Beziehst Du Dich auf "alle Sekten" oder auf "mindestens eine Sekte, für die gilt" oder was möchtest Du mit diesem Vorwurf an meine Adresse aussagen ?
Sky Darmos schrieb:
Dein Glaube ist vor wissenschaftlicher Kritik in Fall 1. überhaupt nicht sicher
Doch, er ist sogar ziemlich sicher, weil Glauben und Beweisen zwei wenig vergleichbare Aktivitäten sind. Deswegen fällt es mir auch nicht schwer, gleichzeitig gläubig zu sein und Naturwissenschaftler zu sein. - Ja, es wäre sogar hochinteressant, mit naturwissenschaftlichen Methoden theologische Aussagen gewinnen zu können. Ich wäre der letzte, der sich so einer - korrekt durchgeführten - Vorgehensweise verschliessen würde !!!
Sky Darmos schrieb:
in Fall 4 bist du völlig sicher vor wissenschaftlicher Kritik - musst aber aufpassen dass du am ende nicht so unkonkret wirst dass man anhand deiner Definitionen einen Stuhl als Gott bezeichnen könnte!
Du siehst also selber, dass Fall 4 wenig interessant ist
- ohne jetzt den Leuten zu nahe treten zu wollen, die an so einen Fall-4-Gott glauben.
Freundliche Grüsse, Ralf