Die Möglichkeit von Doppelplaneten ist mit Sicherheit nicht trivial. Hier spielt einiges zusammen, das noch geordnet gehört. Ich habe mir mal die vier wichtigsten Aussagen zusammenkopiert und versuche mal, darauf einzugehen:
Bynaus schrieb:
Aber gerade wenn Planeten auch durch gravitativen Kollaps entstehen, würde man doch vermuten, dass einige von ihnen Paare bilden.
Michael Johne schrieb:
Eine andere Frage: Wäre es denkbar, dass es Trojaner-Planeten geben könnte (ähnlich wie den Trojanern bei Jupiter)?
ralfkannenberg schrieb:
Ich glaube, es wäre eine grosse Überraschung, wenn es keine Trojaner-Planeten geben würde:
Miora schrieb:
Doppelplaneten werfen erneut Definitionsfragen auf: Wann ist es ein Doppelplanetensystem, wann Planet und Mond?
Alle eure Posts hängen irgendwie zusammen und machen deutlich, dass die Definitionsfrage "was ist ein Planet" wirklich physikalische Zusammenhänge repräsentiert und nicht nur eine administrative Entscheidung sein kann.
Das Modell des gravitativen Kollaps für (Gas-)Planeten ist meines Wissens ein Modell, dass aus der Not geboren wurde. Es versucht die Entstehung von Gasplaneten angesichts des Zeitdrucks einer zu schnell aufgelösten protoplanetaren Scheibe zu erklären. Wenn ich das richtig sehe, steht dieses Modell z. Zt. wieder unter starkem Druck, ähnlich den Migrationshypothesen. Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter des Akkretionsmodell z. Zt. wieder mehr Argumente für diese 'klassische' Lösung mobilisieren können.
Wenn das so richtig ist, wird die Luft für Doppelplaneten, bestehend aus zwei Gasriesen eher wieder dünn. Planetenbildung im Rahmen des Akkretionsmodells würde wahrscheinlich nicht zu solchen Paaren führen. In diesem Modell wirkt eher die Kollisionshypothese, die Paarbildungen erlaubt. Und das vor allem für Gesteins- und Eisplaneten. Neuere Verfeinerungen dieser Kollisionshypothese führen auch zur sog. 'Hit-and-run'-Hypothese, nach der nicht jede Kollision eine Paarbildung zur Folge haben muss. Ein Beispiel für letztere Aussage wäre Merkur, der um seine äußeren Schichten beraubt, mondlos geblieben ist.
http://www.astrobio.net/news/module...=article&sid=1837&mode=thread&order=0&thold=0
Das Erde/Mond-System und das Pluto/Charon-System wären dagegen Beispiele, bei denen die Kollisionen der Planetesimale zur Paarbildung geführt haben.
Trojanische Planeten können wir wohl definitv ausschließen. In der Diskussion um die Planetendefinition wurde das starke Argument eingeführt, dass ein Planet das größte Objekt auf seiner Umlaufbahn ist. Die gravitative Wirkung dieses Hauptobjekts läßt selbst in den L-Punkten nichts gleichwertiges auf stabiler Bahn.
Wenn die Planetenformation nach dem Akkretionsmodell geeigneter erscheinen sollte Paarbildungen zu erklären, bliebe noch die Frage offen, welche Klassifikationen nach der Entstehung, sprich für ihre stabilen Endzustände, angewendet werden können. Bynaus hat ein Definitionskriterium geliefert: das Baryzentrum liegt außerhalb der Orbitalkörper. Danach wäre das Pluto/Charon-System ein Doppelplanet, das Erde/Mond-System dagegen nicht. Diese Definition wäre legitim zu den Zeitpunkten, nach denen sich die Systeme stabilisiert haben. Nun wird aber angenommen, dass der Impaktkörper, der zur Bildung des Erde/Mond-Systems beigetragen hat, ein Planetesimal von Marsgröße war. Er war nach unseren Sonnensystemkriterien also von Planetengröße. Darf man das unterschlagen?
Und um noch weiter zu gehen. Macht eine solche Unterscheidung zwischen Planet/Planet-System und Planet/Mond(e)-System überhaupt einen Sinn? Oder wie weit ist diese Unterscheidung sinnvoll? Ganymed und Titan würden als Körper in einer unmittelbaren Umlaufbahn um die Sonne wahrscheinlich ohne weiteres als Planeten gewertet werden. Könnte man daher nicht auch Jupiter und Saturn als Doppelplaneten bezeichnen? Wie und wo sind ihre 'planetaren Begleiter' entstanden?
Auch wenn es sehr fraglich ist, mehr als Indizien über die Entstehung solarer und (noch mehr) extrasolarer Orbitalkörper sammeln zu können, so sehe ich doch die Formation dieser Körper als wesentlich konstituierendes Kriterium für ihre Klassifikation an.
Hier zeigt sich auch wirklich der Sinn, möglichst viele Planetensysteme erstmal empirisch zu beschreiben. Aufgrund der Vergleichsdaten können dann auch wieder die Formationsmodelle verfeinert werden.
Wir leben in einer spannenden Zeit!