Es darf keine Singularitäten in unserer Zeit geben

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Matthy

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Hi Ich,

hör auf zu lamentieren und lies mal Deine eigenen Zitate etwas gründlicher. Braucht man eine mathematische Funktion mit "Punkt in der Raumzeit als Eingabewert und bekommt den EH als Ausgabe ist die doch gleichbedeutend mit "zu jedem Punkt der Raumzeit gibt es natürlich einen anderen Ereignishorizont".

Matthy
 

RPE

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Der Nachteil von Foren. Sie animieren Labertaschen, die sonst nur in den einschlaegigen Faechern in der Schule auftrumpften, ihre "Gabe" nun auch auf die Physik zu uebertragen :)
 

ralfkannenberg

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Braucht man eine mathematische Funktion mit "Punkt in der Raumzeit als Eingabewert und bekommt den EH als Ausgabe ist die doch gleichbedeutend mit "zu jedem Punkt der Raumzeit gibt es natürlich einen anderen Ereignishorizont".
Hallo Matthy,

"ist gleichbedeutend" bedeutet in der Mathematik "dann und nur dann" und wird meistens mit <=> beschrieben. Wenn man solche Sachen beweisen möchte, so pflegt man zuerst die eine und danach die andere Richtung zu beweisen.

Ich möchte gerne, dass Du uns die beiden Richtungen mal konkret vorrechnest.

Ganz konkret sehe ich übrigens nicht, wieso diese mathematische Funktion injektiv sein muss, denn zwei Punkte - betrachten wir das der Einfachheit halber mal alles zum selben Zeitpunkt - im gleichen Abstand vom Schwarzen Loch müssen nicht notwendig zusammenfallen, sondern liegen nur auf derselben (räumlichen) Kugelschale um das Zentrum des Schwarzen Loches; dennoch haben sie meines Wissens denselben EH. Schon an dieser Stelle also ist Dein "gleichbedeutend" verletzt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Bernhard

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Das ist definitiv so, und interessant finde ich es auch. Man müsste mal durchrechnen, wo dieser Horizont für einen aus dem Unendlichen einfallenden Beobachter jeweils so liegt. Die Position ist natürlich abhängig von der verwendeten Gleichzeitigkeitsdefinition und keineswegs etwas eindeutig definiertes. Die natürliche Wahl wären wohl diese Regenkoordinaten oder wie sie heißen, das schaue ich mir bei Gelegenheit mal an.
Hi Ich,

bevor wir uns im aktuellen Nachbarthema über die Bedeutung der Lorentz-Transformation langweilen, wäre es doch sicher interessanter dieses Thema hier noch mal etwas zu diskutieren, respektive abzuschließen. Anstelle von Regenkoordinanten kann man direkt die Gullstrand-Painlevé-Koordinaten verwenden. A.J.S. Hamilton verwendet diese Koordinaten auch in seinem Film "Inside Black Holes" (s. External Links im englischen Wiki-Artikel zu den GP-Koordinaten). Diesen Film habe ich mir heute mal angesehen :) und in den Simulationen erst mal nichts von dem "Ralfschen Horizont" gefunden. Die Formeln im Wiki-Artikel zeigen zudem, dass das radial nach außen gerichtete Licht (s. Speeds of light) innerhalb des echten EH bei r=rS grundsätzlich langsamer fällt als der frei fallende Regentropfen.

Zusätzliche Horizonte gibt es, falls das Schwarze Loch geladen ist und/oder einen Drehimpuls besitzt. In dem Film von A.J.S. Hamilton wird noch erwähnt, dass das elektrische Feld eines geladenen Schwarzen Loches einen negativen Druck erzeugt, welcher der Gravitation entgegenwirkt.
MfG
 
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Ich

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Hallo Bernhard und alle die es interessiert,

ja, wollte ich eh mal machen. Gestern habe ich dann darüber nachgedacht und bin darauf gekommen, dass wir die Lösung schon seit eineinhalb Jahren kennen (Diskussion per PN damals). Wir verwenden Gullstrand-Painlevé Koordinaten und dementsprechend auch die zugehörige Definition von Gleichzeitigkeit.
Ich fasse meine Ergebnisse mal zusammen, können wir dann ja diskutieren:

GP-Koordinaten haben dieselbe r-Koordinate wie Schwarzschildkoordinaten, der EH sitzt also auch dort bei rs=2M. Die Zeitkoordinate entspricht der Eigenzeit von aus dem unendlichen einfallenden Beobachtern. Da man in endlicher Eigenzeit die Singularität erreicht, gibt es da keine Probleme am Horizont.
Ein solcher Beobachter hat in diesen Koordinaten die Position
[tex]r(t)=(-\frac{3}{2}t)^{2/3}.[/tex]
(Hier und im folgenden habe ich 2M=1 gesetzt, der EH ist also bei r=1 etc.)
Von dieser Kurve habe ich hier gesprochen. In diesen Koordinaten überschreitet der Beobachter am EH die Lichtgeschwindigkeit.
Der Beobachter sei zur Zeit t an einer bestimmten Position. Jetzt denken wir uns einen Sender innerhalb des EH an einer Position p, der genau zu dieser Zeit ein Signal nach außen schickt. "Genau zu dieser Zeit" ist natürlich vom Koordinatensystem abhängig und von daher etwas willkürlich.
Dieses Signal bewegt sich natürlich nie nach außen, sondern fällt von Anfang an auf die Singularität zu - aber langsamer als der Sender oder der Beobachter! Deshalb kann unser Beobachter es eventuell noch einholen und es kurz vor der Singularität empfangen. Wenn ihm das gerade noch gelingt, dann war der Sender an dieser Position p zu dieser Zeit t gerade noch sichtbar, also auf dem ganz persönlichen Horizont des Einfallenden. Alle Sender, die zu dieser Zeit t noch näher an der Singularität waren, können kein Signal mehr an den Beobachter schicken und sind also jenseits seines Horizonts. Diesen Horizont nenne ich mal "p-Horizont", zur Unterscheidung vom Ereignishorizont.

Nun treffen alle Signale, die vom p-Horizont abgesandt wurden, genau gleichzeitig mit dem Beobachter an der Singularität ein, es laufen also alle auf derselben Bahn. Diese kann man berechnen, wenn auch leider nur in der Form t(r), nicht r(t) - zumindest so weit ich weiß.
Der p-Horizont liegt auf
[tex]t(r)=r+2\sqrt{r}+2\ln{(1-\sqrt{r})}[/tex]
Wenn man weit weg ist, liegt der p-Horizont noch fast am EH: dort ist das Licht "eingefroren", in das man noch fallen kann. Je näher man kommt, desto weiter rückt der p-Horizont zur Singularität. Er bleibt immer zwischen Beobachter und Singularität, d.h. man kann immer auch ein bisschen sehen, was "gerade" vor einem passiert.

Ich habe das im beigefügten Diagramm dargestellt.

http://www.file-upload.net/download-6898903/p-Horizont.pdf.html (OBACHT! Nicht auf den fetten Knopf drücken, der richtige ist klein daneben. Weiß jemand einen besseren Service?)
 
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Bernhard

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Ein solcher Beobachter hat in diesen Koordinaten die Position
[tex]r(t)=\frac{3}{2}(-t^{2/3}).[/tex]
Hallo Ich,

bevor wir auf die Details eingehen, möchte ich diese (triviale) Integration erst mal korrekt haben:
[tex]r(t)=(-\frac{3}{2}t)^{2/3}[/tex]
Der Astronaut startet bei t = -infty mit Koordinatengeschwindigkeit 0 und erreicht bei t=0 die Singularität mit unendlich hoher Koordinatengeschwindigkeit.

Er bleibt immer zwischen Beobachter und Singularität, d.h. man kann immer auch eni bisschen sehen, was "gerade" vor einem passiert.
Dem würde ich rein qualitativ schon mal zustimmen. Mir ist allerdings noch nicht ganz klar, was der Astronaut unmittelbar nach Überqueren des EH sieht. Wenn er direkt in Richtung Singularität sieht, würde ich aktuell ein verzerrtes Bild des Außenraumes erwarten. Sollte die Singularität selbst von einem relativistischen (und leuchtendem) Plasma umgeben sein, so sieht er dieses Plasma erst kurz vor t=0?

EDIT: Der Astronaut sollte nach Überqueren des EH vor sich beispielsweise auch die stark verzerrte Vorderansicht seines Raumschiffes sehen können.
MfG
 
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Ich

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Hallo Bernhard,

bevor wir auf die Details eingehen, möchte ich diese (triviale) Integration erst mal korrekt haben
ups, ich korrigiere das.
Wenn er direkt in Richtung Singularität sieht, würde ich aktuell ein verzerrtes Bild des Außenraumes erwarten.
Warum?
Sollte die Singularität selbst von einem relativistischen (und leuchtendem) Plasma umgeben sein, so sieht er dieses Plasma erst kurz vor t=0?
Ja, schon. Das Licht kommt ja nicht weit da unten.
 

Bernhard

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Wir wissen bereits, dass Licht von außen durch den EH in den Innenbereich des Schwarzen Loches gelangen kann (s. GP-Koordinaten). Daran anschließend kann man danach fragen, was der Astronaut denn nun auf seiner letzten Reise bis zur Singularität noch sehen kann. Er kann dabei direkt in Flugrichtung blicken (Richtung Singularität), in die entgegengesetzte Richtung oder in die verbleibenden Richtungen. Die geringsten Verzerrungen würde ich dabei erwarten, wenn der Astronaut in die Richtung genau entgegengesetzt zur radialen Flugrichtung blickt. Licht kann in dieser Richtung näherungsweise radial von außen in den Innenbereich gelangen. Da das Licht auf diesen Bahnen durch die Schwerkraft noch beschleunigt wird erscheint es laut Video von A. Hamilton blauverschoben.

Komplizierter wird es, wenn der Astronaut direkt nach vorne blickt. Man könnte hier beispielsweise annehmen, dass sich eine kleine Distanz vor (r_Lampe < r_Astronaut) dem Astronauten eine Lampe befinde. Der Astronaut kann dann in das Licht dieser Lampe hineinfallen und die Lampe dadurch wahrnehmen. Eine weitere Rechenaufgabe besteht also auch darin auszurechnen, bis zu welcher Tiefe der Astronaut noch Lichtsignale von einer mitbewegten Lampe empfangen kann. Aufgrund dieser Überlegungen könnte man den p-Horizont bei diesem Szenario vielleicht auch einfach Sichtweite nennen.
MfG
 
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Ich

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Die geringsten Verzerrungen würde ich dabei erwarten, wenn der Astronaut in die Richtung genau entgegengesetzt zur radialen Flugrichtung blickt. Licht kann in dieser Richtung näherungsweise radial von außen in den Innenbereich gelangen. Da das Licht auf diesen Bahnen durch die Schwerkraft noch beschleunigt wird erscheint es laut Video von A. Hamilton blauverschoben.
Blauverschoben scheint es nur dem statischen Beobachter. Der einfallende sieht es rotverschoben, am EH gerade mit z=1. Dort sähe der statische Beobachter auch das ganze Universum in einem Punkt hinter sich konzentriert. Der frei fallende sollte m. E. relativ wenig Verzerrung von Licht aus seiner Umgebung sehen, aber vermutlich verschiedenerlei Linseneffekte bei Licht, das die Singularität z.B. umkreist hat. Da müsste ich mal was drüber lesen, da mag ich nicht einfach das Rechnen anfangen.
Eine weitere Rechenaufgabe besteht also auch darin auszurechnen, bis zu welcher Tiefe der Astronaut noch Lichtsignale von einer mitbewegten Lampe empfangen kann.
Naja, bis zum p-Horizont eben. Es ist dafür egal, ob die Lampe mitbewegt ist oder irgendwie anders fällt. Um die r-Differenz auszurechnen, müsste man die Gleichungen auflösen, das hab ich noch nicht probiert. Da fände ich eher interessant, wie lange er seine Lampe "mitbewegen" kann und was das überhaupt heißt.
Aufgrund dieser Überlegungen könnte man den p-Horizont bei diesem Szenario vielleicht auch einfach Sichtweite nennen.
Ich weiß nicht. Er sieht die Lampe ja immer, wenn auch rotverschoben. Wie bei jedem Horizont gibt es keinen definierten Punkt, ab dem die Lampe verschwindet, vielmehr empfängt er das letzte Signal direkt an seinem eigenen Ende, der Singularität. Dieses stammt von dem Punkt, an dem die Lampe den p-Horizont durchquert hat.
 

Bernhard

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Um die r-Differenz auszurechnen, müsste man die Gleichungen auflösen, das hab ich noch nicht probiert.
Die Gleichung für den Beobachter haben wir schon:

[tex]t=-\frac{2}{3\sqrt{r_S}}r^{3/2}[/tex]

Bei dem Lichtstrahl muss man die Gleichung:

[tex]dt=\frac{dr}{1-\sqrt{r_S / r}}[/tex]

integrieren. Zusammen mit WolframAlpha ergibt das:

[tex]t = 2\sqrt{r r_S} + 2r_S \ln (1-\sqrt{r/r_S}) + r[/tex]

Durch Gleichsetzen beider Zeiten bekommt man die Beziehung zwischen der Position r des Astronauten (1. Gleichung) und dem Punkt r (2.Gleichung), von dem man gerade noch ein Lichtsignal bei t=0 (=Eintreffen bei r=0) empfangen kann.
 
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Ich

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Durch Gleichsetzen beider Zeiten bekommt man die Beziehung zwischen der Position r des Astronauten (1. Gleichung) und dem Punkt r (2.Gleichung), von dem man gerade noch ein Lichtsignal bei t=0 (=Eintreffen bei r=0) empfangen kann.
Die eben jemand noch auflösen müsste... du wolltest ja den Abstand der beiden "r" als Funktion der Zeit, oder?
 

Bernhard

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Die eben jemand noch auflösen müsste...
Zur Veranschaulichung kann man sich auch die Funktion r_Beobachter(r_Lampe) anschauen. Ich habe dabei ebenfalls r_S = 1 gesetzt.

Die interaktive Grafik zeigt, dass der (fallende) Beobachter unmittelbar hinter dem EH (r_Beobachter = 1 auf der y-Achse) Licht von r etwa gleich 0.55 bei r=0 sieht. Je kleiner man r_Beobachter wählt, desto näher rückt der p-Horizont an r_Beobachter heran.

du wolltest ja den Abstand der beiden "r" als Funktion der Zeit, oder?
Die verlinkte Grafik ist in der Tat aussagekräftiger ;) .
MfG
 
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