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Magnetismus macht Sauerstoffproduktion im All effizienter
Redaktion
/ Pressemitteilung des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und
Mikrogravitation (ZARM) astronews.com
22. August 2025
Seit Beginn der astronautischen Raumfahrt gibt es eine
Herausforderung, für die es bis heute keine einfache Lösung gibt: die
zuverlässige und effiziente Herstellung von Sauerstoff im Weltraum. In einer
neuen Studie wird nun ein bemerkenswert einfaches und elegantes Verfahren
vorgestellt. Entscheidend dabei ist der Einsatz von Magnetismus.

Ömer Akay war für die Durchführung der
Experimente im Bremer Fallturm des ZARM
zuständig.
Foto: ZARM [Großansicht] |
Sauerstoffgewinnung im All geschieht meist durch Wasserelektrolyse. Dabei
wird Wasser mithilfe von elektrischer Spannung in Wasserstoff und Sauerstoff
aufgespalten. In der Schwerelosigkeit haften die entstehenden Gasblasen jedoch
an den Elektroden oder bleiben in der Flüssigkeit "gefangen" – im Gegensatz zur
Erde, wo sie einfach aufsteigen und aus der Flüssigkeit entweichen. Das
erschwert die Trennung von Gas und Flüssigkeit erheblich und macht den Prozess
deutlich energieintensiver. Um Gase und Flüssigkeit zu trennen, werden auf der
ISS derzeit komplexe Systeme aus Zentrifugen mit vielen Bauteilen eingesetzt.
Diese Systeme sind jedoch schwer, wartungsaufwendig und verbrauchen viel
Energie. Alles das macht sie für künftige Langzeitmissionen ungeeignet, bei
denen jedes Kilogramm Equipment beim Start entscheidend ist und jedes Watt Strom
im Weltall zählt.
Ein internationales Forschungsteam konnte nun zeigen, dass Magnetfelder die
Gasblasen in Schwerelosigkeit gezielt von den Elektroden weglenken und somit die
Trennung von Gas und Flüssigkeit deutlich vereinfachen können. Mithilfe von
handelsüblichen Dauermagneten entwickelten die Forschenden ein passives System,
das die Blasen automatisch zu bestimmten Sammelpunkten leitet – ganz ohne
bewegliche Teile oder zusätzlichen Energiebedarf. Dabei kamen zwei sich
ergänzende Ansätze zum Einsatz: Einer nutzt die natürliche Reaktion von Wasser
auf Magnetfelder in Schwerelosigkeit, um Gasblasen zu lenken. Der andere erzeugt
durch die Wechselwirkung von Magnetfeldern und den bei der Elektrolyse
entstehenden elektrischen Strömen eine Drehbewegung in der Flüssigkeit. Diese
sorgt dafür, dass sich Gas und Flüssigkeit voneinander trennen, ähnlich, wie bei
den mechanischen Zentrifugen auf der Internationalen Raumstation ISS, jedoch
unter Verwendung magnetischer Kräfte anstelle mechanischer Rotation.
Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse basieren auf vier Jahren gemeinsamer
Forschungsarbeit. Álvaro Romero-Calvo vom Georgia Institute of Technology
entwickelte bereits 2022 die Grundidee und führte erste Berechnungen und
Simulationen durch. Anschließend arbeitete er an der Weiterentwicklung eines
Systems, das Wasser mithilfe magnetischer Effekte in Wasserstoff und Sauerstoff
aufspaltet. Um die Theorie experimentell zu belegen, entwickelten Katharina
Brinkert, die bis 2024 an der University of Warwick forschte und
inzwischen am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation
(ZARM) der Universität Bremen arbeitet, und ihr Team spezielle elektro- und
photoelektrochemische Versuchsaufbauten für den Einsatz in der Schwerelosigkeit.
"Wir konnten zeigen, dass es für die Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff
keine Zentrifugen oder mechanische Bauteile braucht – nicht einmal zusätzliche
Energie. Das System funktioniert vollkommen passiv und ist sehr wartungsarm",
erklärt Brinkert. Ömer Akay war für die Durchführung der Experimente im Bremer
Fallturm des ZARM zuständig und trug die Ergebnisse für die Veröffentlichung
zusammen: "Unsere Elektrolysezellen ermöglichen die Sauerstoff- und
Wasserstoffproduktion aus Wasser in Schwerelosigkeit mit Wirkungsgraden, die
denen auf der Erde sehr nahe kommen."
Die Experimente bestätigten, dass magnetische Kräfte die Ablösung und
Bewegung der Gasblasen deutlich verbessern und die Effizienz der
Elektrolysezellen um bis zu 240 Prozent steigern können. Damit wird ein
langjähriges ingenieurtechnisches Problem der Raumfahrt gelöst – und der Weg für
leichtere, robustere und nachhaltigere Systeme zur Lebenserhaltung im All
geebnet. Als nächster Schritt soll das System auf Höhenforschungsraketen weiter
getestet werden.
Das Projekt wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der
europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der US-Raumfahrtbehörde NASA
gefördert.
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