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Mit Plasmastrahl in einen Friedhofsorbit
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Gießen astronews.com
15. Juli 2025
Die Überreste von Raketenstarts oder ausgediente Satelliten
verbleiben oft viele Jahre im Erdorbit. Als Weltraumschrott stellen sie dort
eine Gefahr für Satelliten und auch für die astronautische Raumfahrt dar. Im
Rahmen des EU-Projekts ALBATOR soll nun eine neuartige Technologie zur
Beseitigung von Weltraumschrott entwickelt werden. Zum Einsatz kommt dabei ein
Plasmastrahl.

Die Verteilung von Objekten im Erdorbit - bei
den wenigsten Objekten handelt es sich um aktive
Satelliten. Bild: ESA [Großansicht] |
Die Verschmutzung des Weltraums durch Satellitentrümmer und anderen
Weltraumschrott ist eine kritische Herausforderung für den nachhaltigen Betrieb
von Satelliten sowie für Raketenstarts. Derzeit werden verschiedene Konzepte zur
Beseitigung von Weltraumschrott erforscht, darunter kontaktbasierte und
kontaktlose Methoden. Kontaktbasierte Lösungen sind aufgrund der
unvorhersehbaren Bewegung von Weltraummüll besonders komplex. Diese Systeme
können durch den im Betrieb unvermeidbaren direkten Kontakt mit Bruchstücken
leicht beschädigt oder zerstört werden.
Im Rahmen des EU-Projekts ALBATOR wird ein berührungsloser Ansatz untersucht.
Das Konsortium aus fünf Partnern – der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU),
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Universidad Carlos III de
Madrid (Spanien) und der Unternehmen NorthStar Earth & Space und OsmosX – will
eine sogenannte Ionenstrahl-Shepherd-Methode etablieren. Das Projekt ALBATOR (ecr-bAsed
muLticharged ion Beam for Active debris removal and oTher remediatiOn stRategies)
wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms HORIZON-EIC Pathfinder
Challenge für 42 Monate mit insgesamt rund vier Millionen Euro gefördert.
Mit dem European Innovation Council Pathfinder sollen radikal neue
Technologien identifiziert werden, die das Potenzial haben, neue Märkte zu
schaffen. Dazu werden visionäre und risikoreiche Projekte in einem frühen
Entwicklungsstadium gefördert. Die Ionenstrahl-Shepherd-Methode beruht auf der
Impulsübertragung durch einen Plasmastrahl aus hochenergetischen Teilchen, mit
dem das Zielobjekt in einen "Friedhofsorbit" oder eine Bahn gedrängt werden
soll, in der es verglüht. Das Projekt ALBATOR konzentriert sich auf den Entwurf
und die Entwicklung des entsprechenden Plasmastrahlsystems, das aus einer
Elektronen-Zyklotron-Resonanz-Plasmaquelle, der notwendigen Elektronik, Befehls-
und Kontrollsystemen sowie Gasregulierungseinheiten besteht. Dabei soll das
Plasmastrahlsystem optimiert und charakterisiert werden.
Dazu erstellen die Forschenden Modelle zur Simulation der Plasmaentladung und
der Wechselwirkung des Plasmastrahls mit Oberflächen. So können sie die
makroskopische Impulsübertragung auf Satellitenbruchstücke untersuchen und
maximieren. Getestet wird das Ionenstrahlsystem in den
Weltraumsimulationsanlagen am I. Physikalischen Institut der JLU. Dabei werden
die Eigenschaften des Ionenstrahls mit verschiedenen Diagnostiksystemen unter
Weltraumbedingungen ermittelt und mit der Modellierung abgeglichen. Darüber
hinaus wird die Wechselwirkung des Ionenstrahls mit einschlägigen
Satellitenmaterialien untersucht, um die Effizienz des Impulstransfers zu
bewerten.
Um die Vielseitigkeit des Systems unter Beweis zu stellen, werden auch
unterschiedliche Treibstoffe eingesetzt. "Die Ergebnisse dieser Tests bilden die
Grundlage für die Simulation verschiedener Szenarien zum Abdrängen von
Satellitenbruchstücken", erläutert Prof. Dr. Peter Klar vom I. Physikalischen
Institut, der das Projekt an der JLU leitet. "Das Projekt ALBATOR wird dazu
beitragen, ein umfassendes Lösungsportfolio zur Beseitigung von Weltraumschrott
zur Verfügung zu haben, so dass ein reibungsloser Satellitenbetrieb im Weltraum
auch in Zukunft sichergestellt werden kann."
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