Vega-C bringt neuen europäischen Wächter-Satelliten ins
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Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
6. Dezember 2024
Mit einer Vega-C-Rakete wurde in der Nacht der Satellit
Sentinel-1C in eine Erdumlaufbahn gebracht. Er ersetzt Sentinel-1B,
der 2022 außer Betrieb gestellt werden musste. Das Synthetic-Aperture-Radar-Instrument
an Bord wird die genaue Vermessung von Wasser- und Eisflächen sowie
Bodenbewegungen erlauben. Vega-C nimmt mit dem Start ihren
kommerziellen Betrieb wieder auf.
Start der Vega-C-Trägerrakete mit Sentinel-1C
an Bord.
Foto: ESA - S. Corvaja [Großansicht] |
Bei großflächigen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen
gestaltet sich die Lage für Einsatzkräfte zunächst gänzlich unübersichtlich.
Hier helfen hochaktuelle Satellitenaufnahmen des betroffenen Gebietes, aus denen
genaue Karten erstellt werden können. Wie wichtig dies ist, hat die verheerende
Flut in Spanien am 29. Oktober 2024 jüngst erneut gezeigt. Hierbei wurde der
Katastrophendienst des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus
aktiviert, um innerhalb kürzester Zeit 31 Karten des Katastrophengebietes für
die Einsatzkräfte zu erstellen.
Die Copernicus-Satellitenflotte besteht aus mehreren Missionen, die sich
jeweils aus mehreren Satelliten zusammensetzen. Sie müssen regelmäßig durch neue
Modelle ersetzt werden. Am 5. Dezember 2024 um 22:20 Uhr MEZ ist daher der neue
Sentinel-1C-Satellit von Kourou in Französisch Guyana aus mit der neuen
Trägerrakete Vega C erfolgreich gestartet. Die Sentinel-1-Mission
besteht aus zwei identischen Satelliten, die sich auf derselben Erdumlaufbahn
befinden und alle sechs Tage die gesamte Erdoberfläche erfassen. Sentinel-1C
ersetzt nun Sentinel-1B, der sich seit 2016 im All befindet und 2022
aufgrund einer Fehlfunktion außer Betrieb gestellt werden musste. Der Satellit
gesellt sich zu Sentinel-1A, der bereits seit 2014 seinen Dienst im
Orbit verrichtet und 2025 durch Sentinel-1D ersetzt werden wird.
Sentinel-1C ist mit einem C-Band-Radarinstrument mit synthetischer
Apertur (SAR) ausgestattet, das von Airbus in Friedrichshafen gebaut wurde.
Hiermit liefert der Satellit Tag und Nacht unabhängig von Wolkenbedeckung
Radarbilder für die globale Überwachung von Landflächen und Ozeanen und
unterstützt damit das Umweltmanagement, die Katastrophenhilfe und die Forschung
zum Klimawandel. Die Daten von Sentinel 1 können aber auch für viel
weitergehende Zwecke eingesetzt werden. So wurde etwa im Rahmen des
Forschungsprojektes "SAR4Infra" der Universität Hannover demonstriert, wie
mittels der Daten von Sentinel 1 Verkehrsinfrastrukturen überwacht
werden können, um mögliche Schäden aufgrund von Bodenbewegungen frühzeitig zu
erkennen. Dies soll künftig als Erweiterung des Bodenbewegungsdienstes
Deutschland, der von der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe betrieben
wird, operativ durchgeführt werden und kann so bei der Instandhaltung von
Schienen, Straßen und Brücken große Unterstützung leisten.
Sentinel-1C ist zudem mit einem neuen AIS-Empfänger (Automatic
Identification System) ausgestattet und in der Lage, Schiffe auf See in Echtzeit
zu verfolgen und eine Kartierung ihrer Positionen zu ermöglichen. Dieses von der
Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) entwickelte System soll
helfen, Schiffskollisionen zu vermeiden, insbesondere wenn sie zu weit von
landgestützten Radarsystemen entfernt sind.
Während der Inbetriebnahme von Sentinel-1C erfolgt neben der
Verifikation aller Systeme der Satellitenplattform und des SAR-Instruments auch
die initiale End-to-End Kalibrierung und Validierung der Radiometrie und
Geometrie des Systems – von der SAR-Aufnahme im Orbit bis zur Erstellung der
Nutzerprodukte im Bodensegment. An dieser Aufgabe wirken Teams vom DLR-Standort
in Oberpfaffenhofen im Auftrag der europäischen Weltraumorganisation ESA mit.
Das "DLR SAR Calibration Center" am DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und
Radarsysteme stellt hochgenaue Kalibrierziele bereit, wertet instrumenteninterne
Kalibriersignale aus und bestimmt die Antennendiagramme des SAR-Instruments und
die Kalibrierfaktoren um die hohen Anforderungen an die radiometrische
Genauigkeit sicherzustellen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten des DLR-Instituts
für Methodik der Fernerkundung liegt auf der geometrischen Justierung des
Aufnahmesystems und der Prüfung der interferometrischen Kompatibilität.
Copernicus ist ein gemeinsames Programm der Europäischen Union (EU)
und der ESA. Die EU betreibt mit dem Programm satellitengestützte
Informationsdienste für Landoberflächen (CLMS), Ozeane (CMEMS), Atmosphäre
(CAMS), Katastrophen- und Krisenmanagement (CEMS), Klimawandel (C3S) und zivile
Sicherheit (CSS). Auch immer mehr deutsche Behörden, Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler sowie innovative Unternehmen arbeiten mit Copernicus-Daten.
Grundlage all dieser Anwendungen und Dienste sind sechs Satellitenfamilien, die
sogenannten Sentinels – zu Deutsch "Wächter" –, die von der ESA zusammen mit der
Europäischen Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT)
betrieben werden.
Zudem werden derzeit weitere sechs Missionen vorbereitet, die die
Copernicus-Flotte in den kommenden Jahren sukzessive erweitern werden. Darunter
auch die Mission "Copernicus Anthropogenic Carbon Dioxide Monitoring Mission"
(CO2M), die ab 2026 globale Treibhausgasemissionen messen soll. In
Copernicus werden auch Satellitendaten von Dritten einbezogen, so etwa
Daten der deutschen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X.
Datenportale wie die "Copernicus Data and Exploitation Platform – Deutschland" –
kurz CODE-DE – sichern Nutzerinnen und Nutzern einen unkomplizierten Zugang zu
den Erdbeobachtungsdaten und Verarbeitungsmethoden.
Die Start von Sentinel-1C erfolgte mit der europäischen Trägerrakete
Vega-C. Mit dem Start wurde gleichzeitig der kommerzielle Flugbetrieb der
europäischen Vega-C-Trägerraketen wieder aufgenommen. Die Vega-C
ergänzt dabei die Ariane-6-Raketen. Auf Vega-C setzt man in Europa
große Hoffnungen, musste aber nach einem erfolgreichen Erstflug der Rakete
zunächst einen Rückschlag hinnehmen: Vor zwei Jahren scheiterte die erste
kommerzielle Mission der Rakete.
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