Weniger als einen Monat nach seinem Start hat der EarthCARE-Satellit
von ESA und JAXA das erste Bild eines seiner Instrumente geliefert - ein Bild,
das zum ersten Mal aus dem Weltraum die innere Struktur und Dynamik von Wolken
enthüllt. Es gibt einen kleinen Einblick in das künftige Potenzial des
Instruments. Erste Daten der anderen Instrumente soll es in Kürze geben.
Der ESA-Satellit EarthCARE ist mit vier hochentwickelten Instrumenten
ausgestattet, die so konzipiert wurden, dass sie zusammenarbeiten, um neue
Erkenntnisse über die Rolle von Wolken und Aerosolen bei der Erwärmung und
Abkühlung der Erdatmosphäre zu gewinnen und damit zu einem besseren
Verständnis des Klimawandels beizutragen. EarthCARE wurde am 29. Mai
gestartet und hat jetzt das erste Bild des Wolkenprofil-Radargeräts
geliefert, das von der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA zur Verfügung
gestellt wurde. Die ersten Daten der drei europäischen Instrumente des
Satelliten - des Breitbandradiometers, des atmosphärischen Lidars und des
multispektralen Bildgebers - werden in den nächsten Wochen und Monaten
erwartet. Die Forschenden am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung
(TROPOS) sind auf die Inbetriebnahme dieser Instrumente bereits gespannt,
weil sie dafür spezielle Software, sogenannte Prozessoren, entwickelt haben.
"Wir freuen uns sehr, dieses erste Bild präsentieren zu können, das
Details über die innere Struktur der Wolkendynamik über dem Ozean östlich
von Japan am 13. Juni zeigt", so Takuji Kubota, Missionswissenschaftler der
JAXA für das Wolkenprofilradar. "Dies ist das erste Bild seiner Art - wir
haben diese Art von Informationen noch nie aus dem Weltraum gemessen. Es ist
alles, was wir uns erhofft haben, und noch mehr. Ich bin überzeugt, dass das
Wolkenprofilradar verschiedene wissenschaftliche Entdeckungen bringen wird."
Das jetzt veröffentlichte Bild besteht aus zwei Teilen: Auf der linken
Seite zeigen die Daten die vertikale Konzentration von Wolkenpartikeln,
gemessen als Radarreflexionsvermögen. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich
der dichtere Teil der Wolke in ihrem Zentrum befindet, wo es mehr größere
Partikel gibt. Auf der rechten Seite ist die Fallgeschwindigkeit der
Wolkenpartikel dargestellt. Die niedrigen Werte in der oberen Schicht weisen
auf Eiskristalle und Schneeflocken hin, die in der Schwebe sind oder langsam
fallen. In der darunter liegenden Schicht deuten die viel höheren
Fallgeschwindigkeitswerte auf Regen hin. Beide Bilder zeigen eine klare
Grenze in etwa fünf Kilometer Höhe, wo Eis und Schnee schmelzen und Wassertröpfchen bilden, die als Regen fallen.
Das Wolkenprofilradar nutzt seine Doppler-Geschwindigkeit, um die
vertikale Bewegungsgeschwindigkeit von Eis, Schnee und Regen zu messen.
Diese detaillierten Informationen über die Dichte, die Verteilung nach Größe
und die Geschwindigkeit der Partikel ermöglichen es den Wissenschaftlern,
die Bestandteile der Wolken zu unterscheiden und so ihre Physik besser zu
verstehen. Dank EarthCARE können solche Messung erstmals aus dem Weltraum
durchgeführt werden. Bislang war dies nur durch Wolkenradarbeobachtungen vom
Boden oder Flugzeugen aus möglich. Mit diesen Methoden können allerdings nur
begrenzte Gebiete gemessen werden.
Mit dem Wolkenprofilradar an Bord des EarthCARE-Satelliten kann die
Wolkenstruktur jedoch gleichmäßig über den gesamten Planeten gemessen
werden."Dies ist ein fantastisches erstes Ergebnis unserer JAXA-Partner und
ein Vorgeschmack darauf, was wir in Zukunft erwarten können, wenn der
Satellit und alle seine Instrumente vollständig kalibriert und in Betrieb
genommen sind", freut sich Simonetta Cheli, Direktorin für
Erdbeobachtungsprogramme der ESA. "Wir freuen uns nun auf die ersten
Ergebnisse der anderen drei Instrumente von EarthCARE. Der Schlüssel zu
dieser Mission liegt darin, dass alle vier Instrumente zusammenarbeiten, um
uns ein ganzheitliches Verständnis der hochkomplexen Wechselwirkungen
zwischen Wolken, Aerosolen, einfallender Sonnenstrahlung und ausgehender
Wärmestrahlung zu vermitteln, damit wir künftige Klimatrends besser
vorhersagen können."
Um die ehrgeizigen wissenschaftlichen Ziele der EarthCARE-Mission zu
erreichen, ist eine sorgfältige Validierung der Messungen ist erforderlich.
Eine große Rolle spielt dabei die europäische Forschungsinfrastruktur ACTRIS
(Aerosol, Clouds and Trace Gases Research Infrastructure). Die
ACTRIS-Fernerkundungsstationen sind für diesen Zweck bestens gerüstet: Die
Standardausrüstung, bestehend aus einem Hochleistungs-Lidar und einem
Sonnen-Photometer für Aerosolmessungen sowie einem Doppler-Radar und einem
Mikrowellenradiometer für Wolkenmessungen, ermöglicht zusammen mit dem
Qualitätssicherungskonzept von ACTRIS eine detaillierte Überprüfung aller
EarthCARE-Aerosol- und Wolkenprodukte.
"Arbeitsabläufe für die Beobachtung, die Datenverarbeitung und die
Bereitstellung von Daten in nahezu Echtzeit wurden bereits entwickelt und
ausgiebig getestet. Für diesen Sommer organisieren wir eine EarthCARE-Validierungskampagne
mit über 40 Stationen, die mehrere Monate dauern soll", blickt Dr. Holger
Baars vom TROPOS voraus, der die Kampagne koordiniert. Daran beteiligt sein
werden neben den TROPOS-Stationen in Leipzig, Mindelo (Cabo Verde) und
Duschanbe (Tadschikistan) auch viele ACTRIS-Stationen in ganz Europa.