Seit 25 Jahren bietet das DLR deutschen
Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, im Rahmen von Parabelflugkampagnen
Experimente in Schwerelosigkeit durchzuführen ohne dafür ins All reisen zu
müssen. In dieser Woche ging eine weitere Kampagne zu Ende. Der dafür verwendete
Airbus wird auch auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA in
Berlin zu sehen sein.
Am 4. Juni 2024 ist der Airbus A310 der Firma Novespace um 9:30 Uhr vom
Flughafen Bordeaux-Mérignac gestartet, um Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler zusammen mit ihren Experimenten in die Schwerelosigkeit zu
bringen. Es ist der erste von insgesamt drei Flugtagen während der 42.
Parabelflugkampagne der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR), die vom 27. Mai bis zum 6. Juni 2024 stattfindet.
Damit jährt sich die DLR-Parabelflugkampagne zum 25. Mal.
Seit 1999 organisiert die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR regelmäßig
eigene Parabelflugkampagnen für biologische, humanphysiologische,
physikalische, technologische und materialwissenschaftliche Experimente von
deutschen Forschungseinrichtungen. Das Forschungsflugzeug, der A310 ZERO-G
der französischen Firma Novespace, wird dabei nicht nur für die
wissenschaftliche Kampagnen des DLR genutzt, sondern auch von anderen
Raumfahrtagenturen wie der Europäischen Weltraumorganisation ESA oder der
französischen Raumfahrtagentur CNES.
Dr. Katrin Stang, Leiterin des DLR-Parabelflugprogramms, betont dessen
Bedeutung für die Zukunft der Weltraumforschung: "Ich freue mich, dass es
das DLR-Parabelflugprogramm nun schon seit 25 Jahren für die deutschen
Forschenden gibt – es erlaubt ihnen, wichtige Experimente in der
Grundlagenforschung und der angewandten Forschung selbst in Schwerelosigkeit
durchzuführen, und somit Antworten auf viele Fragen zu finden. Wir hoffen,
dass wir das Programm noch viele weitere Jahre anbieten können. Es ist eine
hervorragende Ergänzung zu anderen Fluggelegenheiten, und mit Mond- und
Mars-Parabelflügen, die ebenfalls möglich sind, wird das Programm außerdem
einen wichtigen Beitrag zur Explorationsvorbereitung leisten können."
Eine Parabelflugkampagne besteht in der Regel aus drei Flugtagen mit
ungefähr vier Flugstunden, an denen jeweils 31 Parabeln geflogen werden.
Während jeder Parabel herrscht für etwa 22 Sekunden Schwerelosigkeit.
Insgesamt stehen bei einer Flugkampagne also circa 35 Minuten
Schwerelosigkeit – im Wechsel mit normaler und nahezu doppelter
Erdbeschleunigung – zur Verfügung, die Forschende für ihre Experimente
nutzen können. Bis zu 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können an
einem Flug teilnehmen, bei dem sich um die zehn Experimente an Bord
befinden.
Während der aktuellen Parabelflugkampagne werden insgesamt elf
Experimente von deutsche Forschungseinrichtungen an Bord durchgeführt. Neu
dabei sind "interDropCoal" zum Verständnis der Verschmelzung von
Flüssigkeiten sowie das Exoskelett-Experiment "MoKoGravEx". In einem
weiteren Experiment wird untersucht, wie Pflanzen Licht- und
Gravitationsreize verarbeiten um "von unten nach oben" zu wachsen. Außerdem
wird ein weiterentwickeltes Stirnband mit integriertem Sensor zur Messung
und Aufzeichnung der Körperkerntemperatur bei Astronautinnen und Astronauten
getestet, bevor es auf der Internationalen Raumstation ISS in einem
Experiment zum Einsatz kommen wird. Sein Vorgänger, Thermo-Mini, wird
aktuell auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin
ausgestellt. Es kam erstmalig 2021 während der Mission Cosmic Kiss auf der
ISS zum Einsatz.
Das Verständnis und die Kontrolle darüber, wie sich Tropfen beim
Zusammenprall vermischen, ist für zahlreiche biomedizinische und technische
Anwendungen von entscheidender Bedeutung. Diese Vermischung beeinflusst
beispielsweise medizinische Inhalatoren, punktgerichtete Behandlungen,
Flüssigkeitshandhabung im Weltraum, Kraftstoffeinspritzung oder auch
Beschichtungs- und Kühlverfahren. Treffen zwei Flüssigkeitstropfen
aufeinander, verschmelzen sie. Der Ablauf dieses Vorgangs, auch Koaleszenz
genannt, gibt der Forschung bislang noch einige Rätsel auf. Im Experiment
interDropCoal werden Kollision und Vermischung von Flüssigkeitstropfen unter
Schwerelosigkeit untersucht.
Bei Weltraummissionen werden mit den Händen zahlreiche feinmotorische
Aufgaben ausgeführt, beispielsweise Reparaturen an der Raumstation oder an
Experimenten. Da feinmotorische Fähigkeiten unter Schwerelosigkeit
nachlassen, werden Trainings entwickelt, die durch ein Exoskelett
Mikrogravitation simulieren. So sollen Astronautinnen und Astronauten in die
Lage versetzt werden, diese Aufgaben schneller und leichter ausführen zu
können. Um ein solches Exoskelett geht es im Experiment MoKoGravEx.
Nach Abschluss der 42. Parabelflugkampagne wird sich der Airbus A310
direkt auf den Weg nach Berlin machen. Dort wird er im Rahmen der Public
Days der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung zu besichtigen sein.
Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR ist mit dem Parabelflugteam und dem
Team von Novespace vor Ort und wird das Flugzeug mit anschaulichen
Erklärungen den Besucherinnen und Besuchern zugänglich machen.